Schon der Name des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) ist ein Zungenbrecher und auch die einzelnen Regelungen haben es in sich. Höchste Zeit also, die wichtigsten Infos zum neuen Gesetz kurz und knapp zusammenzufassen.
Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage gemeinsam mit YouGov wurden 520 Unternehmensentscheider dazu befragt, wie gut sie vorbereitet sind auf die Einführung des LkSG und inwieweit sie bereits alle geforderten Sorgfaltspflichten erfüllen.
Lieferkettengesetz: Auch kleinere Unternehmen profitieren von mehr Transparenz
Kontrovers diskutiert und lang erwartet: Zum 1. Januar 2023 trat das Lieferkettengesetz für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten in Kraft. Spätestens seit dieser öffentlichkeitswirksamen Debatte um sozial verantwortliche, nachhaltige Lieferketten heißt der neue Wettbewerbsvorteil für Unternehmen Transparenz. Inwieweit das auch schon kleineren Unternehmen bewusst ist, zeigt eine Umfrage mit YouGov im Auftrag von lawpilots, E-Learning Anbieter für rechtlich-regulatorische Themen. Denn auch ohne gesetzliche Verpflichtung könnte die Reputation der Unternehmen davon abhängen.
Einstürzende Fabriken, die Arbeiter:innen das Leben kosten, Kinderarbeit in Entwicklungsländern, Umweltschäden, unter denen die Gesundheit von Menschen in den Abbaugebieten unserer Rohstoffe leidet – die Liste von aufgedeckten Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferketten deutscher Unternehmen ist lang. Um mehr Transparenz zu schaffen und die Unternehmen zu einem verbesserten Risikomanagement anzuhalten, tritt zu Beginn des neuen Jahres das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen mit mehr als 3.000 Angestellten, bestimmte Sorgfaltspflichten in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie in Bezug auf ihre unmittelbaren, gegebenenfalls auch mittelbaren Zulieferer einzuhalten. Ab 2024 soll der Geltungsbereich des Gesetzes auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitende ausgeweitet werden.
Konsequenzen des Gesetzes
Kommen Unternehmen ihren Pflichten nicht nach, droht ihnen, neben empfindlichen Geldbußen von bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen weltweiten Konzernjahresumsatzes, der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Die noch schwerwiegendere Konsequenz könnte aber der zu erwartende Reputationsverlust sein. Nicht zuletzt durch die öffentliche Diskussion um das Gesetz sind viele Verbraucher:innen inzwischen aufmerksamer und hinterfragen, wo und unter welchen Umständen ihre präferierten Produkte hergestellt wurden. Aufgedeckte Menschenrechtsverletzungen direkter Zulieferer oder schwerwiegende Umweltschäden beim Rohstoffabbau können somit zum Verlust ehemaliger Stammkundschaft führen. Ganz im Sinne von: Moral schlägt Marke.
Chancen für Unternehmen
Diese neue Sensibilität und der Blick aufs Ganze bedeutet aber auch Chancen, und zwar für Unternehmen, die ihre Lieferkette vom vermeintlichen Nachteil zum Wettbewerbsvorteil machen. Dies gilt sowohl für Großunternehmen, welche die ihnen gesetzlich auferlegten Sorgfaltspflichten bereits erfüllen, als auch für kleinere Unternehmen, die ihre Lieferketten freiwillig prüfen. Eine aktuelle Umfrage von YouGov unter Entscheider:innen und Mitarbeitenden von Unternehmen mit bis zu 1.000 Angestellten zeigt jedoch: Eine deutliche Mehrheit geht von einer viel weitreichenderen Prüfung der Lieferkette im eigenen Unternehmen aus, als sie tatsächlich gegeben ist. So sind 55 Prozent überzeugt davon, dass ihr Unternehmen bereits alle Sorgfaltspflichten erfüllt. Genauer nachgefragt zeigt sich allerdings, dass nur 21 Prozent ihre komplette Lieferkette überblicken und in 54 Prozent der Unternehmen keine Menschenrechtsbeauftragte existiert.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Pelz, Experte für Compliance und Wirtschaftsstrafrecht, sieht hier erhebliches Verbesserungspotenzial: „Auch wenn verpflichtete Unternehmen noch nicht unmittelbar vom zuständigen Bundesamt überprüft werden, sollten sie sich mit ihren Lieferketten auseinandersetzen. Für einen Gesichtsverlust am Markt braucht es keine Verurteilung – die Verantwortung für die Verletzung von Menschenrechten genügt vollkommen, um ein Unternehmen ins Abseits zu stellen.”
Etablierung gerechterer Lieferketten
Zum marktwirtschaftlichen Potenzial kommt die moralische Seite hinzu: In unserer globalisierten Welt darf der Blick von Unternehmen und ihren Kund:innen sich nicht auf das fertige Produkt im Einkaufswagen oder digitalen Warenkorb beschränken. Bei entschiedener Um- und Durchsetzung des Lieferkettengesetzes macht es unsere Art zu produzieren, transportieren und konsumieren nachhaltiger und ethischer.
Aktuell können die Lieferketten nur auf den Webseiten von 24 Prozent der befragten Unternehmen transparent nachvollzogen werden – perspektivisch ist aber zu erwarten, dass mehr Kund:innen nachfragen. Unternehmen, die bereits proaktiv tätig werden, sind also im Vorteil. Für die verantwortlichen Entscheider:innen ist es daher essenziell, über alle Entwicklungen, Gesetzesgrundlagen und Pflichten auf dem Laufenden zu sein. Philipp von Bülow, CEO von lawpilots, sagt dazu: „Nur wer genau Bescheid weiß, kann die Strukturen im eigenen Unternehmen anpassen, um Verletzungen zu vermeiden und stattdessen Potenziale des Lieferkettengesetzes zu nutzen. Im geschäftigen Arbeitsalltag sind Online-Schulungen der ideale Weg, sich diese Informationen anzueignen.”
Einsteiger-Infos LkSG
Was versteht man unter einer Lieferkette?
Der Begriff Lieferkette meint die Planung, Durchführung sowie die Kontrolle sämtlicher Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Materialfluss – vom Einkauf der Rohstoffe, teilfertiger Ware zur Weiterverarbeitung bis zum fertigen Endprodukt. Die Lieferkette umfasst: Lieferanten, Lieferanten von Lieferanten, das Unternehmen, dessen Kunden und die Kunden der Kunden.
Was ist das LkSG?
Das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz” (LkSG) wird im alltäglichen Sprachgebrauch meist mit „Lieferkettengesetz” abgekürzt. Es soll Menschenrechtsverletzungen an Produktions- und Verarbeitungsstandorten von deutschen Unternehmen entgegenwirken, indem es Firmen verpflichtet, sogenannte Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Damit ist gemeint, dass sie ihre Lieferketten nachvollziehen, offenlegen und dabei sicherstellen, dass ihre Zulieferer und Produktionspartner vor allem in Bezug auf die Rechte von Arbeitnehmer:innen Mindeststandards einhalten.
Warum ein LkSG?
In unserer vernetzten Welt kommen die Rohstoffe für Produkte häufig aus vielen verschiedenen Staaten. Außerdem lagern Firmen Produktionsschritte und Dienstleistungen oft in Länder mit niedrigeren Lohnkosten aus, um Kosten zu sparen. In diesen Ländern gelten andere Gesetze, die nicht immer deutschen Standards entsprechen – das gilt auch in Bezug auf die Gewährleistung von Menschenrechten. Durch das Lieferkettengesetz sollen Unternehmen hier mehr Verantwortung für die Arbeits- und Produktionsbedingungen entlang ihrer gesamten Lieferkette übernehmen.
Das LkSG ist die nationale Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (kurz: UNGP), die das Ziel verfolgen, die Verletzung von Menschenrechten im Miteinander der Wirtschaft zu verhindern. Bereits Ende 2016 wurde ein erster Nationaler Aktionsplan (kurz: NAP) auf den Weg gebracht. Dieser setzte auf die freiwillige Umsetzung durch Unternehmen. Allerdings zeigte der Ansatz wenig Erfolg: Weniger als 20 Prozent aller Unternehmen nahmen an dem Aktionsplan teil. Eine gesetzliche Regelung war nicht mehr zu umgehen!
Wann und für wen ist das LkSG relevant?
Ab dem 1. Januar 2023 gilt das Gesetz für alle Unternehmen, die mehr als 3.000 Angestellte haben. Ein Jahr später, am 1. Januar 2024, wird der Geltungsbereich dann auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ausgeweitet. Ob das Lieferkettengesetz danach auch für noch kleinere Unternehmen in Kraft tritt, soll diskutiert werden. Die Auswertung der Erfahrungen aus den ersten beiden Geltungsjahren wird wichtig für diese Entscheidung sein.
Wo gilt das LkSG?
Betroffen sind alle Firmen der genannten Größe, die ihren rechtlichen Hauptsitz in Deutschland haben. Ihre sogenannte Sorgfaltspflicht, also die Sicherstellung, dass keine Menschenrechte verletzt werden, bezieht sich aber auf alle Stufen ihrer Lieferkette, auch außerhalb von Deutschland.
Wie muss das LkSG umgesetzt werden?
Unternehmen müssen im Sinne einer verantwortungsvollen Unternehmensführung nun aktiv werden. Sie sind verpflichtet, eine:n Menschenrechtsbeauftragte:n zu benennen. Diese Person überprüft, ob die Firma ihre Sorgfaltspflichten erfüllt und berichtet regelmäßig an die Geschäftsführung.
Je nach Größe der Organisation, wird hierfür eine eigene Stelle geschaffen oder die Rolle einem:r Angestellten zusätzlich übertragen. Folgende Aufgaben sind mit der Position eines Menschenrechtsbeauftragten verbunden:
Darüber hinaus müssen Unternehmen jährlich einen Bericht über die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr erstellen sowie die Erfüllung der Sorgfaltspflichten unternehmensintern fortlaufend dokumentieren. Das ist keine ausdrückliche Aufgabe eines Menschenrechtsbeauftragten, idealerweise hat dieser aber auch bei der jährlichen Erstellung des Jahresberichts sowie der Erfüllung der Dokumentationspflichten eine zentrale Rolle inne.
Übrigens: Die Einhaltung des Gesetzes wird von einer unabhängigen Stelle kontrolliert. Das übernimmt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA. Diese Behörde erhält die Berichte des:r Menschenrechtsbeauftragte:n und geht möglichen Verstößen nach.
Wie hoch sind die Strafen bei Verstößen gegen das LkSG?
Missachten Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten, drohen ihnen empfindliche Geldbußen von bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen weltweiten Konzernjahresumsatzes. Außerdem kann die BAFA beschließen, dass diese Firmen sich nicht mehr um öffentliche Aufträge bewerben dürfen. Das schadet nicht nur der Marktposition und dem Ruf des Unternehmens, sondern bedeutet auch finanzielle Einbußen. Die noch schwerwiegendere Konsequenz könnte aber der zu erwartende Reputationsverlust sein. Nicht zuletzt durch die öffentliche Diskussion um das Gesetz sind viele Verbraucher:innen inzwischen aufmerksamer.
Weiterführende Informationen
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
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