10 min Zuletzt auktualisiert: 24.04.2023

Benachteiligung verhindern. Beschwerde nach §13 AGG

Benachteiligung verhindern - Beschwerde nach §13 AGG

Besonders die Jahre der Corona Pandemie haben die Antidiskriminierungsstelle des Bundes an ihre Kapazitätsgrenzen geführt. Dies zeigt deutlich ihr Jahresbericht 2020. Ein Jahr indem neben der weltweiten Black Lives Matter-Bewegung, auch Asian Hate in den Vordergrund rückte und in Deutschland der Anschlag in Hanau verübt wurde. Die Antidiskriminierungsstelle verzeichnete ein doppelt so hohes Aufkommen an Beratungsfragen als im vorangegangenen Jahr.

AGG-Beratungsanfragen (Jahresbericht)

Die meisten genannten Benachteiligungen fanden im Arbeitsleben sowie bei der Inanspruchnahme von Gütern und Dienstleistungen statt.

Besonders Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung und asiatisch gelesene Menschen erfahren in der Pandemie häufig Zurückweisung, Diskriminierung oder einfach zu wenig Hilfe.

Verteilung der Beratungsanfragen auf die AGG-Merkmale

Ungefähr 30 Prozent der Beratungsfälle standen in engem Zusammenhang mit der Corona Pandemie. So wurde Menschen mit asiatischer Herkunft teilweise der Zugang zu Dienstleistungen verweigert. Alleinerziehende Mütter wurden durch wegfallende Betreuungsmöglichkeiten, Home-Schooling und Home Office in der Gesellschaft benachteiligt. Und Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keine medizinischen Masken tragen können, wurde vielerorts der Zugang verweigert.

Bedeutung des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes handelt im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und befasst sich mit dem Schutz vor Benachteiligungen. Benachteiligungen aufgrund der AGG-Merkmale Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, sexuellen Identität oder aus rassistischen Gründen.

Das AGG findet vor allem Anwendung bei Fällen von Diskriminierung am Arbeitsplatz und wenn Menschn bei Geschäften im täglichen Leben benachteiligt werden (z. B. bei der Wohnungssuche oder beim Einkaufen).

Wozu sind Arbeitgeber verpflichtet?

Der/die Arbeitgeber:in ist dazu verpflichtet, die gesetzlichen Vorschriften des AGG im Unternehmen bekannt zu machen und die Beschäftigten über die zuständige Beschwerdestelle zu informieren. Hierfür müssen Maßnahmen in Form eines Aushangs in der Eingangshalle oder eine Mitteilung im Intranet des Unternehmens ergriffen werden. Hauptsache es ist sichergestellt, dass die Information alle Beschäftigten erreicht.

Eine unzureichende Bekanntmachung könnte im Ernstfall Ansprüche auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB und § 12 Abs. 5 AGG auslösen.

Die Beschwerdestelle im Betrieb

Die Beschwerdestelle am Arbeitsplatz wird von dem/der Arbeitgeber:in eingerichtet. Die nach § 13 Abs. 1 AGG einzurichtende und nach § 12 Abs. 5 Satz 1 AGG bekanntzumachende Stelle muss sowohl über eine Empfangs- als auch über eine Verteilungszuständigkeit verfügen. Die Prüfung eingehender Beschwerungen kann jedoch an andere Stellen übertragen werden.

Beschwerdestelle im Betrieb

Der/die Arbeitgeber:in ist dabei nicht dazu verpflichtet eine gesonderte Organisationseinheit als Beschwerdestelle einzurichten. Es können auch einzelne Personen aus der Personalabteilung oder Gleichstellungsbeauftragte als Beschwerdestelle ernannt werden. Ebenso ist es erlaubt mehrere Stellen einzurichten.

Alle Beschäftigten haben Anspruch darauf einen leichten Zugang zu der Beschwerdestelle zu erhalten. Der/die Arbeitgeber:in sollte darauf achten, dass die Stelle in keinem Fall eine abschreckende Wirkung hat.

Tipp: Es ist sinnvoll, die Beschwerdestelle mit sowohl weiblichen als auch männlichen Vertrauenspersonen zu besetzen. Im Falle einer sexuellen Belästigung sollte es immer möglich sein, die Beschwerde gegenüber einer Person des gleichen Geschlechts vortragen zu können.

Beschwerdeverfahren nach § 13 AGG

Das Einreichen einer Beschwerde ist für alle Benachteiligungen zulässig die in Verbindung mit dem Beschäftigungsverhältnis stehen. Anders als früher, gibt es keine örtliche Begrenzung. Es können auch Ansprüche auf eine Beschwerde geltend gemacht werden, wenn die Benachteiligungen auf Betriebsfeiern oder Seminaren stattgefunden haben.

Alle Beschäftigten, die sich aufgrund eines AGG-Merkmals benachteiligt fühlen, dürfen sich an die zuständige Stelle wenden.

Die betroffene Person kann die Beschwerde sowohl mündlich als auch schriftlich bei der zuständigen Stelle vorbringen. Sie gilt auch als Beschwerde, wenn sie nicht ausdrücklich als solche gekennzeichnet ist. Und die Vorgesetzten dürfen die Annahme oder Bearbeitung der Beschwerde nicht an eine bestimmte Frist knüpfen.

Das Gesetz erlaubt ebenfalls eine Beschwerde anonym einzureichen. Der/die Arbeitgeber:in ist in jedem Fall nach § 13 Abs. 1 Satz 2 AGG dazu verpflichtet seine/ihre Prüfpflichten vollumfänglich wahrzunehmen. Die betroffene Person verzichtet dadurch jedoch auf ihren Anspruch über das Ergebnis der Prüfung informiert zu werden.

Sobald die AGG–Beschwerdestelle bzw. der/die Arbeitgeber:in von der Benachteiligung erfahren, haben sie die Aufgabe die Beschwerde mit allen verfügbaren Mitteln aufzuklären.

Das Schreiben einer Beschwerde – Checkliste

  1. Einhaltung der förmlichen Anrede und Vermeidung von Kraftausdrücken / Beleidigungen
  2. Im besten Fall nach der Formulierung des Briefes / E-Mail noch einmal eine Nacht drüber schlafen
  3. Es gilt konkrete Formulierungen zu nutzen
  4. Anbringen eigener Lösungsvorschläge
  5. Die Beschwerde direkt an die Beschwerdestelle schicken

Hier finden Sie ein Muster zur: Dokumentation einer Beschwerde nach 13AGG !

Die Prüfung einer Beschwerde – Checkliste

  1. Umfassende Nachforschungen zur genannten Benachteiligung
  2. Erfassung aller Beweismittel
  3. Anhörung der betroffenen Parteien
  4. Zusammenarbeit mit den betroffenen Abteilungen im Betrieb

Hier finden Sie unser Musterformular zur Prüfung der Beschwerde

Achtung: Der Kreis der involvierten Personen sollte in jedem Fall von der zuständigen Stelle so klein wie möglich gehalten werden. Bei besonders vertraulichen Beschwerden oder im Falle einer sexuellen Belästigung sollten die Namen aller Beteiligten nicht genannt werden.

Benachteiligungsverbot: Rechtsfolgen einer bestätigten Benachteiligung

Das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG besagt, dass Beschäftigte nicht aufgrund eines AGG-Merkmals benachteiligt werden dürfen.

Bestätigt die Prüfung die Verletzung des Benachteiligungsverbots entstehen für den/die Arbeitgeber:in Schutz– und Abhilfeverpflichtungen.

Abhilfemaßnahmen fallen an, wenn es sich um eine Diskriminierung von Seiten des Arbeitgebenden handelt. In diesem Fall kann es zu einer angemessenen Entschädigung für die betroffene Person kommen.

Die Schutzpflichten nach § 12 AGG entstehen, sollte die Benachteiligung von anderen Beschäftigten oder Dritten ausgehen. Dabei handelt es sich nach dem Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 3 AGG um eine Verletzung vertraglicher Pflichten gegenüber dem/der Arbeitgeber:in. Der/die Arbeitgeber:in ist dazu verpflichtet die Benachteiligung zu unterbinden und wenn nötig mit einer Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu reagieren.

Neben der Einrichtung einer Beschwerdestelle, dem verlässlichen Prüfen möglicher Benachteiligungen und den daraus resultierenden Konsequenzen ist es für Unternehmen wichtig auch Maßnahmen zur Prävention einzuführen. Unsere Online-Schulung AGG und Gleichbehandlung führt zu einem toleranten Umgang im Unternehmen. Sie zeigt sowohl Vorgesetzten als auch Beschäftigten die wichtigsten Regeln für ein stressfreies Miteinander. Auf diese Weise können Sie mithilfe der lawpilots Online-Schulung den Schutz vor möglichen Verstößen gegen das AGG erhöhen.


Quellen:

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