Pinkwashing ist ein Begriff, der in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt ist. Er beschreibt die Praxis von Unternehmen und Organisationen, die LGBTQ+-Freundlichkeit oder -Unterstützung als Marketingstrategie nutzen, ohne jedoch eine echte oder tiefergehende Verpflichtung zu diesen Werten zu zeigen. Diese Strategie kann besonders während des Pride-Monats beobachtet werden. Dann werden häufig Logos in Regenbogenfarben getaucht und Produkte speziell für die LGBTQ+-Gemeinschaft vermarktet, ohne dass die Unternehmen in ihrem Kerngeschäft oder in ihrer Unternehmenskultur substantielle Unterstützung oder Inklusion dieser Gemeinschaft praktizieren. Erfahren Sie, was Pinkwashing genau ist, warum es Unternehmen schadet und wie Sie es erkennen und verhindern können.
Unter dem Begriff Pinkwashing versteht man die scheinbar ehrlich gemeinte Solidarität von Unternehmen mit der LGBTQI+ Community, die sich bei genauem Hinblicken als reine Marketingmasche entpuppt. Sie geht faktisch nicht über die Verwendung von bestimmten Symbolen aus der queeren Szene wie zum Beispiel Regenbogenflaggen hinaus. Hintergrund ist dabei regelmäßig das Ziel der Umsatz- bzw. Imagesteigerung. Diese wird angestrebt, indem sich das betreffende Unternehmen über Werbemaßnahmen als besonders tolerant, fortschrittlich und weltoffen darstellt. In der Praxis werden Unternehmen, die Pinkwashing betreiben, dem Schein dann aber nicht gerecht. Dies zeigt sich insbesondere beim Umgang des Unternehmens mit queeren Menschen, aber auch beim allgemeinen Umgang mit Diversität in der Belegschaft oder im geschäftlichen Miteinander mit KundInnen und GeschäftspartnerInnen.
Der Ursprung des Begriffs Pinkwashing findet sich in Amerika, als Kosmetik- und Pharmafirmen begannen, rosafarbene Schleifen auf ihre Produkte zu drucken. Diese Schleife war ein Symbol für den Kampf gegen Brustkrebs, den die Firmen unterstützten. Das Problem bei diesem ganzen Unterfangen war, dass genau diejenigen Produkte in Verdacht standen, Krebs auszulösen. KritikerInnen straften die Kampagne ab und sagten, dass es sich um eine kalkulierte PR-Strategie handle. Sie bezeichneten sie als Pinkwashing. Mittlerweile wird der Begriff in einem anderen Kontext verwendet, hat sich aber in der Bedeutung nicht gewandelt. Gerade im Pride Month verwenden viele Firmen die Regenbogenflagge, um ihre Produkte oder auch das eigene Firmenlogo damit zu schmücken. Oft ist das nichts mehr als reines Marketing.
Pinkwashing stellt eine ernstzunehmende Gefahr für Unternehmen dar. In der Ära der sozialen Medien können unaufrichtige oder oberflächliche Bemühungen eines Unternehmens schnell aufgedeckt und verbreitet werden. Ein öffentlicher Backlash kann nicht nur die Markenwahrnehmung negativ beeinflussen, sondern auch zu Boykottaufrufen führen. Durch solche nicht ernst gemeinten Kampagnen ein enormer Vertrauensverlust entstehen. Zudem kann Pinkwashing bei LGBTQ+-Mitarbeitenden und ihren Verbündeten ein Gefühl der Enttäuschung und Entfremdung hervorrufen, wenn sie feststellen, dass die öffentlichen Bekenntnisse ihrer ArbeitgeberInnen nicht mit der internen Unternehmenspraxis übereinstimmen. Dies kann zu einer geringeren Mitarbeiterbindung und zu Schwierigkeiten bei der Talentgewinnung führen. Auch InvestorInnen und AnteilseignerInnen legen zunehmend Wert auf nachhaltiges und ethisches Geschäftsverhalten. Unternehmen, die als unauthentisch in ihrem Engagement für soziale Fragen, einschließlich LGBTQ+-Rechte, wahrgenommen werden, können Schwierigkeiten haben, Finanzierungen zu sichern oder könnten von nachhaltigen Investitionsfonds gemieden werden.
Es gibt vielfältige Anzeichen für Pinkwashing. Unter anderem die folgenden:
Natürlich gibt es auch prominente Fälle von Pinkwashing, die die Ernsthaftigkeit des Imageverlustes für Unternehmen deutlich machen: Mit Blick auf einen der Big Player des Unternehmens-Universums landet man bei Amazon und seinen Pinkwashing-Vorwürfen. Der Konzern ist bereits seit längerem bekannt dafür, dass er schlechte Arbeitsbedingungen und Löhne bietet. Nun mischen sich zu diesen Vorwürfen auch noch jene des Pinkwashings dazu. Amazon ist regelmäßig Unterstützer von Pride-Aktionen und macht damit auch Werbung auf Social Media. Indessen hat sich eine “Glamazon” Affinity Group gegründet, die es sich zum Ziel gemacht hat, ein tolerantes Arbeitsklima und Chancengleichheit zu fördern. Allerdings lässt deren Transparenz zu Wünschen übrig, da nicht nachvollziehbar ist, wie viele Mitglieder ihr angehören oder mit welchen Methoden sie ihre Ziele durchsetzen wollen. Amazon behauptet von sich selbst, dass sie Maßnahmen treffen würden, damit sich alle Mitarbeitenden im Konzern wohl und geschätzt fühlen . Das steht jedoch in Kontrast dazu, dass Amazon laut diversen Berichten an homophobe PolitikerInnen Geld spendet und rechts-konnotierte Produkte verkauft.
Daimler hebt sich in dieser Thematik ebenso wenig positiv hervor: Der Konzern wirbt mit seinem eigenen Daimler Pride Month. Das Ziel dessen sei die Förderung einer Kultur des Respektes und der Wertschätzung. Das steht konträr zum Fakt, dass Daimler Rüstung an queerfeindliche Regime liefert. Dabei liefert er nicht nur selbst produzierte Rüstungsfahrzeuge, sondern ist auch noch der größte Anteilsinhaber der Airbus Group. Dabei handelt es sich um den zweitgrößten Rüstungskonzern Europas und ein Unternehmen, das in den letzten Jahren durch die Auslieferung von Waffen und Equipment an Länder wie beispielsweise Saudi Arabien oder Lybien. Beide sind bekannt für die Verfolgung von LGBTQIA+-Personen. Auch in Bezug auf den Lebensmittellieferanten Gorillas gibt es immer wieder Kritik bezüglich Pinkwashings. Es gab Berichte über transfeindliche Beleidigungen gegen Mitarbeitende des Unternehmens, auf welche das Unternehmen nicht reagiert hat.
Um Pinkwashing effektiv zu vermeiden, ist es wichtig, dass Unternehmen echtes Engagement zeigen und dieses fest in ihrer Kultur verankern. Hier sind einige Maßnahmen:
Das Phänomen des Pinkwashings stellt eine komplexe Herausforderung sowohl für die LGBTQI+ Gemeinschaft als auch für die Unternehmenswelt dar. Es offenbart die Diskrepanz zwischen Marketingstrategien und authentischem Engagement für soziale Gerechtigkeit. Während Unternehmen versuchen, sich als fortschrittlich und inklusiv zu präsentieren, offenbart ein genauerer Blick oft eine oberflächliche Unterstützung, die nicht durch konkrete Taten oder interne Richtlinien untermauert wird. Die Folgen von Pinkwashing sind weitreichend: Sie reichen vom Vertrauensverlust bei KonsumentInnen und MitarbeiterInnen bis hin zu potenziellen Image- und finanziellen Schäden für die Unternehmen selbst. Gleichzeitig bietet die Auseinandersetzung mit Pinkwashing aber auch die Chance, über die Bedeutung von echtem sozialen Engagement in der Wirtschaft nachzudenken. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Unternehmen, über reine Symbolpolitik hinauszugehen und sich tatsächlich für die Förderung von Diversität und Inklusion einzusetzen. Dazu gehört die Implementierung von inklusiven Richtlinien, die kontinuierliche Unterstützung der LGBTQI+ Gemeinschaft und eine transparente Kommunikation über das eigene Engagement.
Insgesamt erinnert uns die Diskussion um Pinkwashing daran, dass Authentizität und Verantwortung in der heutigen Geschäftswelt unerlässlich sind. Unternehmen, die ein langfristig positives Image aufbauen und erhalten möchten, müssen erkennen, dass wahres Engagement für soziale Anliegen über die bloße Nutzung von Regenbogenfarben hinausgeht. Indem sie echte, nachhaltige Veränderungen anstreben und sich konsequent für die Rechte und das Wohlergehen aller Mitglieder der Gesellschaft einsetzen, können sie nicht nur potenziellem Backlash entgehen, sondern auch zu einer gerechteren und inklusiveren Welt beitragen.
Ein respektvolles und faires Arbeitsumfeld ist nicht nur ein erstrebenswertes Ziel, sondern auch eine gesetzliche Notwendigkeit gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Unsere AGG Schulung vermittelt auf anschauliche Weise, wie ein von Diskriminierung freies und harmonisches Miteinander im Berufsalltag realisiert werden kann.
Inhaltsangabe