12 min Zuletzt auktualisiert: 23.04.2024

Geschäftsgeheimnisgesetz: Wie Unternehmen ihre wertvollsten Geheimnisse bewahren

In der Welt der Wirtschaft sind Informationen oft ebenso wertvoll wie materielle Güter, weshalb der Geschäftsgeheimnisschutz eine entscheidende Rolle spielt. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist das geheime Rezept von Nutella. Millionen von Menschen weltweit genießen diese süße Versuchung, doch ein Teil ihres Erfolges beruht darauf, dass das Rezept streng geheim gehalten wird. Ähnlich verhält es sich mit der legendären Rezeptur von Coca-Cola, die so gut bewacht wird, dass angeblich nur zwei Personen auf der ganzen Welt die genaue Zusammensetzung kennen. Diese Beispiele illustrieren eindrucksvoll, wie entscheidend Geschäftsgeheimnisse für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sind. Doch nicht nur große, weltbekannte Rezepturen eines Betriebs fallen unter diese Kategorie. Auch kleinere, vielleicht weniger spektakuläre Informationen können für ein Unternehmen von unschätzbarem Wert sein. In diesem Zusammenhang spielt das deutsche Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) eine zentrale Rolle. Es bietet einen rechtlichen Rahmen, der es Unternehmen ermöglicht, ihre wertvollen Geheimnisse zu schützen und im Falle einer unerlaubten Offenlegung oder Nutzung angemessen zu reagieren. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf dieses wichtige Gesetz und zeigen Ihnen, wie Sie Ihre wertvollsten Vermögenswerte – Ihre Geheimnisse – bewahren.

Was ist ein Geschäftsgeheimnis?

Ein Geschäftsgeheimnis ist nach dem deutschen Geschäftsgeheimnisgesetz definiert als eine Information, die nicht allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich, von wirtschaftlichem Wert, und Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihre rechtmäßigen InhaberInnen ist, bei der zudem ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht. Diese Definition zeigt, dass ein breites Spektrum an Informationen als Geschäftsgeheimnisse geschützt werden kann, vorausgesetzt, sie erfüllen die Kriterien. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist sowohl für große Unternehmen mit bekannten Markengeheimnissen als auch für kleine und mittlere Unternehmen von entscheidender Bedeutung, da sie oft wertvolle, spezifische Kenntnisse besitzen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit ausmachen.

Beispiele für Geschäftsgeheimnisse umfassen:

  • Rezepturen und Formeln für Produkte (wie bei Lebensmitteln oder Pharmazeutika);
  • Technische Pläne und Konstruktionszeichnungen;
  • Software-Algorithmen und Programmiercodes;
  • Betriebsstrategien und Marketingpläne;
  • Kunden- und Lieferantendatenbanken;
  • Nicht veröffentlichte Finanzberichte und Kalkulationen und
  • Forschungs- und Entwicklungsprojekte.

Die Bedeutung des Geschäftsgeheimnisses in der heutigen Wirtschaft kann nicht genug betont werden. Es ermöglicht Unternehmen, ihre einzigartigen Strategien, Prozesse und Daten vor der Konkurrenz zu schützen und somit einen Wettbewerbsvorteil zu behalten. Ohne solche Schutzmaßnahmen könnten innovative Ideen und Strategien leicht kopiert werden, was die Anreize für Innovationen und Investitionen in Forschung und Entwicklung erheblich mindern würde.

Was ist das Geschäftsgeheimnisgesetz?

Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) markiert in Deutschland einen Wendepunkt im Schutz des intellektuellen Kapitals. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde am 21. März 2019 vom Bundestag angenommen und am 26. April 2019 wurde das GeschGehG eingeführt. Es war eine direkte Antwort auf die EU Richtlinie 2016/943, deren Erwägungsgründe einen einheitlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen in der EU vorgesehen haben. Diese Richtlinie, die 2016 in Kraft trat, unterstreicht die Notwendigkeit eines robusten Schutzes von Geschäftsgeheimnissen, insbesondere in gerichtlichen Verfahren. Das GeschGehG ersetzte die fragmentarischen Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und etablierte ein spezifisches, umfassendes Gesetz, das sich ausschließlich dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen widmet. Durch diese Neuerung wurde nicht nur die EU-weite Harmonisierung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen vorangetrieben, sondern auch für Unternehmen in Deutschland ein soliderer Rechtsrahmen geschaffen, um ihre wertvollen Geheimnisse und sensiblen Informationen besser zu schützen.

Was regelt das Geschäftsgeheimnisgesetz?

Das deutsche GeschGehG regelt den Schutz von Geschäftsgeheimnissen und stellt Handlungsverbote für die unerlaubte Erlangung, Nutzung und Offenlegung dieser Informationen auf. Eine grundlegende Voraussetzung für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist, dass Unternehmen einen klaren Geheimhaltungswillen zeigen und Schutzmaßnahmen ergreifen. Hierzu zählen technische, organisatorische und/oder rechtliche Maßnahmen, die auch dokumentiert werden müssen, damit die GeheimnisinhaberInnen im Streitfall nachweisen können, dass es sich um ein schützenswertes Geheimnis handelt​.

Welche Schutzmaßnahmen müssen Unternehmen laut dem Geschäftsgeheimnisgesetz ergreifen?

Die konkreten Schutzmaßnahmen, die Unternehmen laut dem Geschäftsgeheimnisgesetz umsetzen müssen, sind vielfältig und hängen von den individuellen Umständen des jeweiligen Unternehmens ab. Hier sind einige Beispiele:

  • Erfassung aller geheimhaltungsbedürftigen Informationen: Unternehmen sollten alle Informationen, die als Geschäftsgeheimnisse gelten, identifizieren und erfassen.
  • Einteilung in Geheimhaltungskategorien: Diese Informationen sollten nach ihrer Wichtigkeit und wirtschaftlichen Bedeutung für das Unternehmen in verschiedene Kategorien eingeteilt werden.
  • Entwicklung spezifischer Schutzmaßnahmen für jede Kategorie, dazu gehören:
    • Durchsetzung des „Need-to-know“-Prinzips.
    • Eine eindeutige Kennzeichnung von geheimhaltungsbedürftigen Informationen.
    • Schaffung von zugangsgesicherten Räumlichkeiten.
    • Installation von Alarmanlagen und Videoüberwachung.
    • Verwendung von speziellen Verschlüsselungen und Passwörtern.
    • Einrichtung von Gruppenberechtigungen.
    • IT-Sicherheitsmaßnahmen wie Firewalls.
    • Verbot der Nutzung privater Speichermedien.
    • Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen, die eine Verschwiegenheitsverpflichtung für ArbeitnehmerInnen, KundInnen, LieferantInnen und KooperationspartnerInnen.
  • Schriftliche Dokumentation: Die Maßnahmen sollten schriftlich festgehalten werden, um eine beweisfähige Dokumentation im Streitfall zu haben.
  • Schulungen zum Umgang mit Geschäftsgeheimnissen: Die Belegschaft sollte geschult werden, um eine Sensibilität für die Bedeutung und den Wert von Maßnahmen zum Geheimnisschutz zu schaffen.

Wie bereits erwähnt, müssen Schutzmaßnahmen den Umständen entsprechend angemessen sein und können nicht pauschal bestimmt werden. Sie sollten verschiedene Aspekte berücksichtigen, wie den Wert des Geschäftsgeheimnisses, die Entwicklungskosten, die Bedeutung für das Unternehmen, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen im Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen sowie die vereinbarten vertraglichen Regelungen mit ArbeitnehmerInnen und GeschäftspartnerInnen.

Was passiert, wenn ein Unternehmen keine geeigneten Schutzmaßnahmen trifft?

Eine wesentliche Konsequenz des Fehlens angemessener Schutzmaßnahmen ist, dass der rechtliche Schutz, insbesondere vor Gericht, nicht besteht. Ein Unternehmen, das seine Geschäftsgeheimnisse nicht ausreichend schützt, wird daher Schwierigkeiten haben, Ansprüche bei der Verletzung dieser Geheimnisse durchzusetzen​​. In der Praxis bedeutet das, dass Unternehmen nicht nur die Notwendigkeit anerkennen müssen, ihre Geschäftsgeheimnisse zu schützen, sondern auch effektive und angemessene Maßnahmen ergreifen müssen, um diesen Schutz in der Realität umzusetzen und rechtlich durchsetzbar zu machen.

Was sind die Folgen von Verstößen gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz?

Handlungen, die das unrechtmäßige Erlangen, Nutzen oder Offenlegen eines Geschäftsgeheimnisses beinhalten, um den eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, aus Selbstinteresse, zum Vorteil Dritter, oder um den GeschäftsinhaberInnen Schaden zuzufügen, können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden. Dies gilt auch für Mitarbeitende, die Geschäftsgeheimnisse während ihres Arbeitsverhältnisses offenlegen. Wer gewerbsmäßig handelt oder beabsichtigt, dass das Geheimnis im Ausland genutzt wird, kann sogar bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe erhalten. Versuche sind ebenfalls strafbar, aber die Tat wird in der Regel nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

Möglichkeiten von Unternehmen gegen RechtsverletzerInnen vorzugehen

  • Beseitigung und Unterlassung: InhaberInnen des Geschäftsgeheimnisses können ein gerichtliches Urteil anstreben, das Maßnahmen zur Beseitigung und Unterlassung bei Beeinträchtigung oder drohender Wiederholungsgefahr vorsieht
  • Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Entfernung und Rücknahme vom Markt: InhaberInnen können die Vernichtung oder Rückgabe der Geschäftsgeheimnisse tragenden Dokumente verlangen sowie die Rücknahme gesetzesverletzender Produkte vom Markt.
  • Auskunftspflicht und Schadensersatz: Die VerletzerInnen des Gesetzes müssen Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Produkte geben. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Auskunftspflicht sind sie zum Schadensersatz verpflichtet​​.
  • Haftung der RechtsverletzerInnen: Schadensersatzansprüche bestehen bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeln. Dabei kann auch der Gewinn der VerletzerInnen berücksichtigt werden​​.
  • Abfindung in Geld: Bei nicht vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeln kann eine Geldabfindung geleistet werden.
  • Haftung der InhaberInnen eines Unternehmens: Bei Fehlverhalten bzw. Verstößen durch Beschäftigte oder Beauftragte kann das Unternehmen in Anspruch genommen werden.
  • Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung: Auch nach Verjährung kann ein Herausgabeanspruch bestehen, wenn die RechtsverletzerInnen durch die Verletzung etwas erlangt haben.
  • Missbrauchsverbot: Missbräuchliche Anspruchserhebungen sind unzulässig und können zu Ersatzforderungen führen.

5 Schritte zur erfolgreichen Umsetzung des Geschäftsgeheimnisgesetzes im Unternehmen

  1. Bestandsaufnahme: Ermitteln Sie, welche Informationen als Geschäftsgeheimnisse gelten und welchen Schutzgrad sie benötigen​​.
  2. Planung: Führen Sie auf der Basis einer Gefährdungsanalyse eine Planung der notwendigen organisatorischen, technischen und rechtlichen Maßnahmen durch​​.
  3. Umsetzung: Die festgelegten Schutzmaßnahmen müssen von den entsprechenden Mitarbeitenden und Fachabteilungen realisiert werden​​.
  4. Prüfung: Überprüfen Sie die Effektivität der implementierten Maßnahmen und identifizieren Sie eventuelle Schwachstellen​​.
  5. Optimierung: Verbessern Sie kontinuierlich die Schutzmaßnahmen, indem Sie Schwachstellen beheben und das Schutzkonzept regelmäßig überprüfen und anpassen​​.

Fazit

Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) ist ein essentielles Instrument für Unternehmen, um ihre wertvollen Informationen zu schützen. Es geht über bloße Rezepturen eines Betriebs hinaus und erstreckt sich auf eine Vielzahl von Informationen, die wirtschaftlichen Wert besitzen. Die effektive Umsetzung dieses Gesetzes fordert von Unternehmen, nicht nur den Wert ihrer Geschäftsgeheimnisse zu erkennen, sondern auch angemessene Schutzmaßnahmen zu implementieren und zu dokumentieren. Ein Mangel an solchen Maßnahmen kann zu erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteilen führen. Die erfolgreiche Implementierung des GeschGehG in fünf Schritten – von der Bestandsaufnahme bis zur kontinuierlichen Optimierung – ist entscheidend, um Geschäftsgeheimnisse effektiv zu schützen und so einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

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