Die globalen Herausforderungen in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz sind heute so aktuell wie nie zuvor. Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltschäden sind weltweit immer noch an der Tagesordnung. Genau hier setzt das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) an. Seit Januar 2023 ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, häufig auch einfach Lieferkettengesetz oder Sorgfaltspflichtengesetz genannt, in Kraft und sorgt dafür, dass Unternehmen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette verbindliche Verantwortung für faire Arbeitsbedingungen und nachhaltige Produktionsweisen übernehmen.
Dieses Gesetz markiert einen Meilenstein für ethischen Handel, globalen Umweltschutz und den Schutz der Menschenrechte. Es geht weit über eine reine Regulierungsmaßnahme hinaus und ist ein Bekenntnis zur globalen Verantwortung, zu Transparenz und zu einem wirtschaftlichen Handeln, das Mensch und Umwelt ins Zentrum stellt.
Unter dem Begriff „Lieferkette“ wird im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes das gesamte Spektrum der Herstellungs- und Dienstleistungsschritte verstanden, die ein Unternehmen – national wie international – durchläuft, um sein Endprodukt oder seine Dienstleistung an die Kundschaft zu bringen. Von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis zur Distribution deckt die Lieferkette sämtliche Ebenen und Beteiligte ab:
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz trat am 01. Januar 2023 in Kraft und markierte einen entscheidenden Wendepunkt: Erstmals wurden menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten für Unternehmen verbindlich festgeschrieben. Bereits 2016 hatte die Bundesregierung mit dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte reagiert. Die damaligen Untersuchungen zeigten allerdings, dass nur ein geringer Prozentsatz deutscher Unternehmen mit über 500 Beschäftigten diesen Anforderungen freiwillig gerecht wurde.
Aus dieser Erkenntnis entstand das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das im Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde. Die vergangenen zwei Jahre haben gezeigt, dass dieses Gesetz zwar ambitioniert ist, jedoch durchaus umsetzbar, sofern Unternehmen ihre Prozesse entsprechend anpassen. Aktuell arbeitet die Bundesregierung weiter an der Aktualisierung des NAP, um das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und andere Maßnahmen noch stärker in eine umfassende, menschenrechtsorientierte Wirtschaftspolitik zu integrieren.
Für das Jahr 2026 ist eine Evaluation vorgesehen. Dabei wird geprüft, inwieweit Anpassungen – insbesondere im Hinblick auf mögliche europäische Regelungen und eine Ausweitung auf weitere Unternehmen – notwendig sind. Aus heutiger Perspektive stehen wir also mitten in einem dynamischen Prozess, der das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz kontinuierlich weiterentwickelt.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz fordert von Unternehmen, Verantwortung für Menschenrechte und Umweltschutz in ihrem gesamten internationalen Geschäftsbereich zu übernehmen. Im Mittelpunkt steht, menschenrechtliche Mindeststandards und anerkannte Umweltabkommen einzuhalten. Dies betrifft insbesondere den Kampf gegen Kinder- und Zwangsarbeit, Diskriminierung, Sklaverei, unfaire Arbeitsbedingungen, fehlenden Arbeitsschutz sowie Umweltprobleme, die durch den Umgang mit gefährlichen Stoffen entstehen können.
Unternehmen sind gefordert, Risiken systematisch zu analysieren, präventive Maßnahmen zu ergreifen und Verstöße konsequent abzustellen. Nach rund zwei Jahren lässt sich feststellen, dass viele Unternehmen bereits deutliche Fortschritte vorweisen: Risikomanagementsysteme wurden ausgebaut, interne Zuständigkeiten für Menschenrechtsfragen geschaffen, und ein erhöhtes Bewusstsein für soziale sowie ökologische Standards entlang der Lieferkette ist spürbar.
Seit dem 01. Januar 2023 trifft das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Am 01. Januar 2024 folgte dann die Erweiterung auf Betriebe mit über 1.000 Mitarbeitenden. Damit werden mittlerweile rund 4.800 Unternehmen in Deutschland erfasst. Dieser Schritt unterstreicht die zunehmende Relevanz verantwortungsvollen Lieferkettenmanagements für die deutsche Wirtschaft. Auch in Deutschland ansässige Zweigstellen internationaler Konzerne sind betroffen, sofern sie die geforderten Mitarbeiterschwellen überschreiten.
Bei der Berechnung der Belegschaftsgröße gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze (§ 611a BGB).
Welche Gruppen werden einbezogen?
Neben regulären Voll- und Teilzeitbeschäftigten sind weitere Personengruppen zu berücksichtigen, sofern ihre Arbeitsverhältnisse auf Dauer angelegt oder für die betriebliche Wertschöpfung charakteristisch sind. Dazu gehören unter anderem:
Wer wird nicht berücksichtigt?
Bestimmte Personengruppen fallen hingegen bei der Berechnung heraus, vor allem wenn sie keine für die Größenbestimmung relevanten Arbeitsverhältnisse begründen oder nicht dauerhaft in den Betriebsablauf integriert sind. Dazu zählen:
Die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes sind umfassend und zielen auf eine tiefgreifende Integration von Menschenrechts- und Umweltaspekten in unternehmerische Entscheidungsprozesse. Sie umfassen unter anderem:
Auch wenn KMUs nicht direkt unter das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz fallen, sind sie von den Auswirkungen indirekt betroffen. Große Unternehmen fordern zunehmend Nachweise ihrer ZuliefererInnen ein und setzen höhere Standards. Für KMUs kann dies bedeuten, dass sie ihre eigenen Prozesse anpassen müssen, um weiterhin als Zulieferer in Frage zu kommen. Zwar können KMUs nicht direkt vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sanktioniert werden, doch die steigenden Anforderungen der AuftraggeberInnen erhöhen den Druck, auch ohne direkte gesetzliche Verpflichtung auf Menschenrechts- und Umweltstandards zu achten.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überwacht die Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Unternehmen müssen nach Abschluss ihres Geschäftsjahres innerhalb von vier Monaten einen ausführlichen Bericht beim BAFA einreichen. Zusätzlich kann die Behörde risikobasierte Kontrollen durchführen, Betriebsstätten inspizieren, Unterlagen prüfen und Personen vorladen.
Unternehmen, die ihre gesetzlich vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten – etwa bei Risikoanalysen, Beschwerdemechanismen und Präventionsmaßnahmen – nicht erfüllen, müssen mit deutlichen Strafen rechnen. Die Bußgelder können bis zu 8 Millionen Euro betragen und für Konzerne mit einem Umsatz von über 400 Millionen Euro sogar auf 2 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes ansteigen. Werden bestimmte Schwellenwerte überschritten, droht zudem ein Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen für bis zu drei Jahre. Diese Schwellen beginnen bei 175.000 Euro und reichen bis zu 0,35 Prozent des Jahresumsatzes, je nach Schwere des Verstoßes.
Für die Durchsetzung ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle verantwortlich. Es kann nicht nur die Einhaltung prüfen, sondern auch vorbeugende oder korrigierende Maßnahmen anordnen, indem es Betriebe inspiziert, Dokumente prüft und bei Bedarf Sanktionen verhängt. Dadurch wird ein effektiver Kontrollrahmen geschaffen, um sicherzustellen, dass menschenrechtliche und umweltbezogene Standards in sämtlichen Lieferketten eingehalten werden.
Außerhalb Deutschlands nehmen immer mehr Länder Sorgfaltspflichten für Unternehmen gesetzlich in den Blick. Bereits existierende Regelungen in Frankreich, Großbritannien, Australien und Norwegen verpflichten Unternehmen dazu, ihre Lieferketten verstärkt auf Menschenrechts- und Umweltverstöße zu überprüfen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Diese Vorgaben reichen von der Pflicht zur Erstellung konkreter Präventionspläne über jährliche Berichts- und Offenlegungspflichten bis hin zu umfassenden Risikoanalysen der weltweiten Wertschöpfungsketten.
Auch die EU arbeitet an einer einheitlichen Richtlinie, die gemeinsame Mindeststandards für Unternehmen im europäischen Binnenmarkt schaffen soll. Darüber hinaus gibt es in anderen Ländern, beispielsweise in der Schweiz oder den USA, bereits spezifische Rechtsrahmen, die etwa den Import von Waren unter Zwangsarbeitsbedingungen einschränken. Insgesamt zeichnet sich ein klarer internationaler Trend ab, Lieferketten rechtlich stärker zu regeln und Menschenrechtsverletzungen sowie Umweltzerstörung global entgegenzuwirken.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat die unternehmerische Verantwortung für Menschenrechte und Umweltstandards auf eine neue Ebene gehoben. Indem es umfassende Sorgfaltspflichten, transparente Berichtspflichten sowie ein wirksames Kontroll- und Sanktionssystem etabliert, setzt es klare Maßstäbe für ethisches und nachhaltiges Wirtschaften. Unternehmen, die frühzeitig angemessene Strukturen aufbauen, profitieren von stabileren Lieferantenbeziehungen, einem gesteigerten Vertrauen in der Öffentlichkeit und geringeren Reputationsrisiken. Gleichzeitig zeigt das Gesetz auf, dass freiwillige Selbstverpflichtungen allein oft nicht ausreichen, um globale Missstände einzudämmen. Die fortschreitenden Entwicklungen auf europäischer und internationaler Ebene verdeutlichen, dass sich ein globaler Standard zum Schutz von Mensch und Umwelt etabliert. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist dabei ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer gerechteren, nachhaltigeren Weltwirtschaft.
Inhaltsangabe