24 min Zuletzt auktualisiert: 23.01.2025

Korruption in Deutschland: 7 Skandale, die das Land erschütterten

Korruption in Deutschland ist ein Thema, das Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen betrifft. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Schäden, sondern auch um das schwindende Vertrauen in zentrale Institutionen. In diesem Artikel erfahren Sie, wie es aktuell um die Korruption in Deutschland steht, welche bedeutenden Fälle Schlagzeilen machten und wie sich Korruption wirksam bekämpfen lässt.

Was bedeutet Korruption eigentlich?

Korruption liegt vor, wenn eine Person ihre Macht oder Position missbraucht, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen – sei es durch Geld, Geschenke oder andere Vergünstigungen. Einfach gesagt: Wer korrupt ist, nutzt die eigene Stellung für persönliche Vorteile, auch wenn es unfair oder unrechtmäßig ist. 

Korruption kann in allen Bereichen der Gesellschaft auftreten und hat schwerwiegende Folgen, weil sie das Vertrauen in Unternehmen, Behörden und die Politik untergräbt.

Formen und Beispiele

  • Strafrechtliche Formen: Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit und Vorteilsannahme gehören zu den häufigsten Tatbeständen.
  • Bestechung bei der Auftragsvergabe: Projektleitende in einem Bauunternehmen erhalten eine teure Uhr von BauzulieferInnen, um den Zuschlag für ein großes Projekt zu geben, obwohl andere Anbietende bessere Angebot haben.
  • Manipulation bei Ausschreibungen: EinkäuferInnen informieren ein befreundetes Unternehmen über die Angebote der Konkurrenz, damit es seinen Preis entsprechend anpassen und den Auftrag gewinnen kann.
  • Vorteilsnahme bei Lieferantenbeziehungen: EinkaufsleiterInnen lassen sich regelmäßig zu exklusiven Veranstaltungen von einem Lieferanten einladen und bevorzugen diesen bei Bestellungen, auch wenn dessen Preis höher ist.

Verschiedene Ausprägungen

  1. Situative Korruption: Wenn jemand spontan eine Gelegenheit nutzt, ohne lange darüber nachzudenken.
  2. Strukturelle Korruption: Wenn Korruption geplant ist und über längere Zeit hinweg organisiert wird.
  3. Systemische Korruption: Wenn Korruption weit verbreitet ist und viele Menschen oder Institutionen betrifft.

Typischer Ablauf 

  1. Anfütterungsphase: Kleine Geschenke werden gegeben, ohne dass direkt etwas zurückverlangt wird.
  2. Kompromittierungsphase: Die Beschenkten fühlen sich zunehmend verpflichtet und sind dadurch beeinflussbar.
  3. Abschöpfungsphase: Die Bestechenden ziehen schließlich einen größeren Vorteil aus dieser Beziehung.

Tipp: In Unternehmen tragen klare Regeln und regelmäßige Kontrollen entscheidend dazu bei, Korruptionsrisiken zu minimieren.

Lagebericht zur Korruption in Deutschland

Deutschland belegt den neunten Platz im Corruption Perceptions Index (CPI) von Transparency International. Auf einer Skala von 0 (hohe Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) erreichte Deutschland 78 Punkte, was dem Wert von 2013  entspricht. Trotz dieser stabilen Position auf internationaler Ebene kritisieren viele BeobeachterInnen, dass Deutschland bei der Korruptionsbekämpfung stagniert und in den letzten Jahren kaumFortschritte gemacht hat.

Aktuelle Statistiken zur Korruption in Deutschland

Anstieg der Fälle und Tatverdächtigen

Das im September 2024 veröffentlichte Bundeslagebild Korruption 2023 des Bundeskriminalamts gibt Aufschluss über die Entwicklung der Korruption in Deutschland.

  • Gesamtzahl der Korruptionsstraftaten: 3.841 (Anstieg um 6,7 % gegenüber dem Vorjahr)
  • Tatverdächtige: 1.507 Personen (+15,4 %), davon
    • Bestechende: +21,6 %
    • BestechungsempfängerInnen: +7,5 %

Besonders auffällig ist, dass 57,4 % der BestechungsempfängerInnen AmtsträgerInnen waren – ein deutliches Indiz dafür, dass der öffentliche Sektor weiterhin von Korruption betroffen ist.

Finanzielle und immaterielle Schäden

Der durch Korruption in Deutschland entstandene finanzielle Schaden belief sich auf 57 Millionen Euro, was mehr als eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.Doch dieser finanzielle Schaden ist nur ein Teil des Gesamtproblems. Ein noch bedeutenderer Verlust entsteht durch das schwindende Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen und die Integrität wirtschaftlichen Handelns, der langfristig schwer zu beziffern ist.

7 bedeutsame Fälle der Korruption in Deutschland

Die folgenden Korruptionsfälle in Deutschland verdeutlichen die weitreichenden Folgen von Korruption und unterstreichen, warum Integrität und Verantwortung zentrale Werte in jeder Organisation sein sollten. 

Siemens-Korruptionsskandal (2008)

Was passiert ist

Siemens unterhielt sogenannte „schwarze Kassen“, um weltweit Bestechungsgelder an BeamtInnen und Verantwortliche zu zahlen. Ermittlungen deckten rund 4.300 illegale Zahlungen auf, die in über 330 Projekten flossen. Insgesamt soll Siemens dafür rund 1,3 Milliarden Euro ausgegeben haben.

Schaden

  • Enorme finanzielle Verluste durch Strafen, Nachzahlungen und Anwaltskosten (rund 2,5 Milliarden Euro).
  • Erheblicher Imageschaden und Karriereende für zahlreiche Führungskräfte.

Konsequenzen

  • Einführung strenger Anti-Korruptionsmaßnahmen und einer Null-Toleranz-Politik bei Siemens.
  • Anstoß zu umfassenderen Reformen in der deutschen Wirtschaft und verstärkte Verfolgung von Auslandsbestechung.

VW-Abgasskandal (“Dieselgate”, 2015)

Was passiert ist

Volkswagen installierte in Dieselautos eine Software („Defeat Device“), die Abgastests manipulierte, um die Stickoxidemissionen auf dem Prüfstand zu senken. Im Normalbetrieb lagen diese Emissionen jedoch erheblich höher. Rund 11 Millionen Fahrzeuge verschiedener VW-Marken waren weltweit betroffen.

Schaden

  • Finanzielle Einbußen von bisher rund 30 Milliarden Euro durch Strafen und Entschädigungen.
  • Massiver Reputationsverlust für VW und die deutsche Automobilindustrie.
  • Tiefe Verunsicherung bei KundInnen und Regulierungsbehörden.

Konsequenzen

Beschleunigte Hinwendung zur Elektromobilität.

Rücktritte und Entlassungen in der VW-Führungsspitze (z. B. CEO Martin Winterkorn).

Einführung neuer Compliance-Maßnahmen und strengere Emissionstests (WLTP).

Cum-Ex-Skandal (aufgedeckt 2017)

Was passiert ist

Banken, Fonds und FinanzexpertInnen handelten Aktien rund um den Dividendenstichtag so, dass sie die Kapitalertragssteuer mehrfach zurückforderten, obwohl sie nur einmal gezahlt wurde. Dies gelang durch das schnelle Hin- und Herschieben von Aktien mit und ohne Dividendenanspruch.

Schaden

  • Für den deutschen Staat ein direkter Verlust von etwa 12 Milliarden Euro – einer der größten Steuerbetrugsfälle in der Geschichte.
  • Einschließlich ähnlicher „Cum-Cum“-Geschäfte wird der Schaden europaweit auf über 150 Milliarden Euro geschätzt.

Konsequenzen

  • Zahlreiche Strafverfahren in Deutschland und anderen Ländern; erste Haftstrafen wurden verhängt.
  • Schließung von Gesetzeslücken im deutschen Steuerrecht und verschärfte Kontrollen.
  • Anhaltende Ermittlungen wegen internationaler Verflechtungen.

DFB-Korruptionsskandal um Rainer Grindel (2019)

Was passiert ist

Der damalige DFB-Präsident Reinhard Grindel erhielt eine teure Luxusuhr von einem ukrainischen Oligarchen und gab Vergütungen in Höhe von 78.000 Euro als Aufsichtsratsvorsitzender einer DFB-Tochtergesellschaft nicht transparent an. Obwohl er öffentlich für mehr Integrität stand, kam es zu massiver Kritik wegen Intransparenz.

Schaden

  • Weitere Beschädigung des DFB-Images, das bereits vorher durch Korruptionsvorwürfe gelitten hatte.
  • Wachsende Zweifel an den Führungsstrukturen und den Versprechen zu mehr Transparenz.

Konsequenzen

  • Grindels Rücktritt als DFB-Präsident.
  • Interne Reformbestrebungen und intensivere Diskussion über Compliance und Ethik im Sport.
  • Forderungen nach strengeren Regeln und Schulungen für Führungskräfte in Sportverbänden.

Wirecard-Skandal (2020)

Was passiert ist

Wirecard galt als Vorzeige-Fintech und schaffte es in den DAX, manipulierte jedoch jahrelang Bilanzen. 1,9 Milliarden Euro an angeblichen Bankguthaben existierten nie. CEO Markus Braun und COO Jan Marsalek sollen maßgeblich in den Betrug involviert gewesen sein. Im Juni 2020 brach das Lügengebilde zusammen.

Schaden

  • Kurssturz der Wirecard-Aktie um 98 %, hohe Verluste für AnlegerInnen weltweit.
  • Vertrauen in die deutsche Finanzaufsicht (BaFin) nahm massiv Schaden.

Konsequenzen

  • Verhaftung von CEO Markus Braun; Jan Marsalek befindet sich bis heute auf der Flucht.
  • Reformen bei der BaFin und strengere Regeln für Wirtschaftsprüfungen.
  • Mahnendes Beispiel für die Notwendigkeit strenger Kontrollen im Finanzsektor.

Maskenaffäre (2021)

Was passiert ist

Mehrere UnionspolitikerInnen profitierten während der Corona-Pandemie persönlich von Maskengeschäften (u. a. CSU-Abgeordneter Georg Nüßlein, CDU-Abgeordneter Nikolas Löbel und Andrea Tandler).

Schaden

  • Erheblicher Vertrauensverlust in die politischen Institutionen, besonders in Krisenzeiten.
  • Steuerschaden von 7,8 Millionen Euro durch falsch deklarierte Einkünfte (Fall Andrea Tandler).

Konsequenzen

  • Rücktritte der beteiligten Abgeordneten.
  • Verschärfte Diskussion um Nebeneinkünfte und Interessenkonflikte in der Politik.
  • Haftstrafe für Andrea Tandler wegen Steuerhinterziehung.

Aserbaidschan-Affäre (2021)

Was passiert ist

Mehrere ehemalige Unions-Bundestagsabgeordnete sollen Bestechungsgelder aus Aserbaidschan angenommen haben, um im Europarat aserbaidschanische Interessen zu unterstützen („Kaviar-Diplomatie“).

Schaden

  • Starker Vertrauensverlust in die Integrität deutscher PolitikerInnen, insbesondere auf europäischer Ebene.
  • Negatives Bild deutscher und europäischer Politik durch verdeckte Lobbyarbeit.

Konsequenzen

  • Anklage gegen Hauptverdächtige wegen Bestechlichkeit.
  • Erneute Forderungen nach mehr Transparenz und strengeren Vorschriften für Lobbyarbeit in Europa.
  • Anstoß einer breiteren Debatte über Korruption in europäischen Institutionen.

Präventionsmaßnahmen gegen Korruption

Um Korruption vorzubeugen und sich vor Verdacht zu schützen, sollten Unternehmen und Mitarbeitende bestimmte Grundsätze beachten:

  • Integres Verhalten
    • Risiken erkennen und reduzieren: Identifizieren Sie korruptionsanfällige Bereiche und legen Sie gezielte Maßnahmen fest, um Risiken zu minimieren.
    • Verhaltenskodex und organisatorische Maßnahmen: Entwickeln Sie einen klaren Verhaltenskodex und setzen Sie Regeln, die im gesamten Unternehmen gelten.
    • Null-Toleranz-Prinzip: Kommunizieren Sie eine konsequente Anti-Korruptionshaltung und verankern Sie diese im Unternehmen.
    • Regelmäßige Schulungen: Regelmäßige Schulungen, um Mitarbeitende über Korruptionsrisiken und Präventionsmaßnahmen zu informieren, fördern eine ethische Unternehmenskultur und das Bewusstsein für Korruption.
  • Transparenz und Kontrolle
    • Nachvollziehbare Entscheidungen: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Entscheidungen transparent und für alle nachvollziehbar sind.
    • Korrekte Buchführung: Halten Sie alle relevanten Dokumente ordnungsgemäß fest und führen Sie interne Kontrollen durch.
    • Kontinuierliche Überprüfung: Kontrollieren Sie regelmäßig die Effektivität Ihrer Anti-Korruptionsmaßnahmen und passen Sie diese bei Bedarf an.
  • Umgang mit Geschenken und Vorteilen
    • Ablehnen von Geschenken und Einladungen: Verzichten Sie auf das Annehmen von Geschenken, Einladungen oder Vorteilen, die Sie in eine konfliktbelastete Lage bringen könnten.
  • Vermeidung von Interessenkonflikten
    • Trennung von Dienst und Privatleben: Achten Sie darauf, dienstliche und private Interessen zu trennen und melden Sie mögliche Nebenbeschäftigungen.
  • Amtsverschwiegenheit und Vertraulichkeit
    • Einhaltung der Verschwiegenheitspflichten: Vertrauliche Informationen sollten streng intern bleiben und nicht nach außen getragen werden.

Diese Maßnahmen helfen, ein Umfeld zu schaffen, das Korruption aktiv verhindert und eine Kultur der Integrität stärkt. 

Fazit

Korruption in Deutschland ist keineswegs ein Randphänomen, sondern zeigt sich immer wieder in spektakulären Fällen wie dem Siemens-Korruptionsskandal, „Dieselgate“ bei Volkswagen oder dem Wirecard-Skandal. Diese Beispiele verdeutlichen nicht nur die erheblichen finanziellen Schäden und den Imageschaden für Unternehmen oder Institutionen, sondern auch den nachhaltigen Vertrauensverlust der Bevölkerung gegenüber Wirtschaft und Politik. Gerade in einem hochentwickelten Land wie Deutschland sind Transparenz, strenge Kontrollen und eine gelebte Null-Toleranz-Haltung gegenüber Bestechung und Vorteilsnahme unverzichtbar.

Um Korruption langfristig einzudämmen, sind klare Regeln, regelmäßige Schulungen sowie unabhängige Kontrollinstanzen notwendig. Letztlich hängt der Erfolg aber auch davon ab, ob ein kulturelles Umdenken stattfindet: Eine ethische Unternehmenskultur, in der Verantwortliche Vorbildfunktion übernehmen, schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Wer frühzeitig Präventionsmaßnahmen integriert und auf Offenheit sowie Rechenschaftspflicht setzt, leistet einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Korruption – zum Wohle von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.


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