Sexismus, Homophobie und patriarchale Strukturen haben seit jeher Frauen und das dritte Geschlecht in der Gesellschaft unterdrückt und diskriminiert. Eine Form der Sprache, die nicht wie gewohnt die männliche Form in den Vordergrund rückt, soll das Umdenken in der Zivilbevölkerung bestärken und potentielle Diskriminierung vermeiden.
Der Gebrauch von Sprache hat nachweislich einen Einfluss auf das Verhalten und das Bewusstsein der Menschen. Ob beim Schreiben oder Sprechen, unsere Sprache fungiert wie ein Spiegel der Gesellschaft.
Im deutschen Raum lässt sich daran klar eine Gesellschaft erkennen, die jahrhundertelang Frauen und dem dritten Geschlecht deutlich weniger Identität, Respekt, Würde, Mitsprache und Anerkennung zugesprochen hat, als dem männlichen Teil der Bevölkerung.
Studien belegen, dass bei der bloßen Verwendung des generischen Maskulinums, die meisten Menschen nicht an alle Geschlechter, sondern nur an Männer denken. Dies macht die deutsche Sprache zu einer suggestiven Sprache, die Frauen und das dritte Geschlecht aus den Köpfen der Menschen verdrängt.
Der Begriff Gender selbst stammt aus dem Englischen und bezeichnet das grammatikalische Geschlecht (weiblich, männlich, sächlich).
In den vergangenen Jahrzehnten bekam das Wort „Gender“ im deutschsprachigen Raum die Bedeutung des sozialen Geschlechts, welches unabhängig vom biologischen Geschlecht existiert.
Viele Diskussionen des sog. Genderns beziehen sich deshalb auf das generische Maskulinum. Hierbei werden maskuline Substantive oder Pronomen für z.B. Berufsgruppen eingesetzt, während grammatikalisch Frauen und das dritte Geschlecht „mitgemeint“ werden. Wissenschaftliche Studien haben jedoch gezeigt, dass das generische Maskulinum im alltäglichen Sprachgebrauch Frauen und das dritte Geschlecht unsichtbar werden lässt.
„Wer wird der nächste Bundespräsident?“ Aufgrund der Verwendung der männlichen Form schließt diese Frage für viele Menschen die Möglichkeit einer weiblichen oder diversen Besetzung des Postens aus.
Auch der ARD-Chefredakteur Marcus Bornheim ist der Meinung, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form keine authentische Widerspiegelung der Gesellschaft darstellt. Gerade in Zeiten in der die Anzahl der Frauen in vielen Berufsgruppen merklich ansteigt. Seiner Meinung nach ist es deshalb selbstverständlich, dass die StudentInnen und ÄrztInnen auch in der Sprache entsprechend gewürdigt werden.
Wir bei lawpilots haben uns ebenfalls kritisch mit dem Thema der „fairlanguage“ auseinandergesetzt. Für die Zukunft möchten wir sowohl in unseren Online-Schulungen als auch in unserer eigenen Kommunikation fortan mit höherer Achtsamkeit in Bezug auf geschlechtergerechte Formulierungen vorgehen.
Besonders Führungskräfte können durch gendersensiblere Formen Chancengleichheit in ihrem Unternehmen signalisieren und vor allem auch bei Stellenanzeigen gleichermaßen alle Geschlechter ansprechen.
Für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden empfehlen wir deshalb unsere Online-Schulung AGG und Gleichberechtigung. Teilnehmende lernen einen toleranten und respektvollen Umgang miteinander und nehmen auf diese Weise selbst Einfluss auf das unternehmensinterne Bewusstsein. So dass sie selbst aktiv ein diskriminierungsfreies Umfeld in ihrer Organisation vorantreiben.
Nach wie vor gibt es keine klare Einigkeit in Bezug auf die Orthografie gendergerechter Sprache. Bereits in den 80er-Jahren wurde im Rahmen der Emanzipation das Binnen-I (Binnenmajuskel) vorgeschlagen. In den 1990er-Jahren wurden vor allem Schrägstrich- und Klammerschreibweisen benutzt, um die weibliche Form zu integrieren. Auch die konsequente Beidnennung „Kolleginnen und Kollegen“ ist eine Möglichkeit. Für die Integration von Frauen und dem dritten Geschlecht wird häufig die Verwendung des Gendersternchens (*) oder des Gender-Gap (_) hervorgehoben.
Wir bei lawpilots haben uns dazu entschlossen mit dem Doppelpunkt zu arbeiten. Dies beruht vor allem darauf, dass diese Schreibweise von Screenreadern am besten gelesen werden kann und als äußerst lesefreundlich gilt.
Für die meisten Verfechter der gendergerechten Sprache gehört auch der sog. „glottal stop“ in der Aussprache zum Pflichtprogramm. Auf deutsch auch „Knacklaut“ genannt, beschreibt er die gesprochene Pause zwischen Stamm und Endung eines Wortes: „Bürger – innen“.
Einige Menschen verunsichern die neuen Regeln, weil Ungeübte schnell etwas falsch machen und es zunächst einmal ungewohnt klingt. Auch einzelne Fachleute sind dagegen die Sprache in diesem Sinne zu politisieren und zu verändern. Sie befürchten u.a., dass dadurch eine Grundlage geschaffen wird, die deutsche Sprache auch zukünftig verhandelbar zu machen.
Daraus heraus hat sich in den letzten Jahren ein Diskurs auf vielen Ebenen entwickelt. Eine durchaus gewollter Debatte der LinguistInnen und SprachwissenschaftlerInnen. Denn so hat das Thema an Aufmerksamkeit gewonnen und viele PolitikerInnen, UnternehmerInnen und JournalistInnen haben sich damit auseinandergesetzt.
Noch gibt es keine Pflicht zu gendern. Die fortwährende Debatte führt bei einigen zu höherer Akzeptanz, während andere Teile der Bevölkerung gendergerechte Sprache verstärkt ablehnen. So verwendet z.B. der Online-Duden seit 2021 für alle 12.000 Personenbeschreibungen das Gendersternchen. Auch im öffentlichen Dienst und an vielen deutschen Universitäten ist die Verwendung genderneutraler Formen vielerorts inzwischen verpflichtend einzusetzen. Und gemäß des Europarechts müssen Stellenanzeigen seit 2019 geschlechtsneutral formuliert sein.
Auch die öffentlich-rechtlichen Medien bemühen sich seit einiger Zeit um geschlechtergerechte Sprache. Sie nutzen nicht das Gendersternchen, nennen jedoch beide Geschlechter und verwenden, wenn möglich, den glottal stop.
Laut einer aktuellen Umfrage steigt jedoch die Ablehnung in der deutschen Gesellschaft gegenüber der Verwendung des Binnen-I oder nicht-differenzierender Formen in den Medien und der Öffentlichkeit. Ganze 65 Prozent der Erwachsenen sprechen sich dagegen aus. Dies sind neun Prozent mehr als im Vorjahr. Lediglich 26 Prozent der Deutschen begrüßen den Einsatz der gendergerechten Sprache.
Es zeigt sich, dass eher Frauen, Personen mit höherer Schulbildung und die jüngere Generation bereit sind auf das generische Maskulinum zu verzichten.
Auch vielen der eben genannten Einrichtungen unterlaufen hier und da Fehler im richtigen Gendern. Denn das hundertprozentig fehlerfreie Verwenden geschlechtergerechter Sprache stellt auch motivierte Personen beim Sprechen und Schreiben vor einige Herausforderungen. So ist „Kollegen gendern“ beispielsweise eine häufige Suchanfrage bei Google. Aber auch das richtige Gendern von Komposita (Wörter, die aus zwei oder mehreren Nomen zusammengesetzt werden) mit Personenbezeichnungen ist nicht so einfach. Ebenso wie das richtige Gendern des dritten Geschlechts.
Die Kollegin und der Kollege kann somit auch als „Teammitglied“, „mitarbeitende Person“ oder im Plural als „Mitarbeitende“, „Kollegschaft“ oder „Kollegium“ bezeichnet werden.
Für die Verwendung von Komposita gilt es oftmals ein alternatives geschlechtsneutrales Nomen zu finden. Begriffe wie das „Rednerpult“ können in das „Redepult“ umgewandelt werden oder aus dem „Expertenwissen“ wird das „Fachwissen“.
Seit dem 1. Januar 2019 gibt es in der Bundesrepublik Deutschland offiziell das dritte Geschlecht, welches weder als männlich noch als weiblich gilt. Um auch hier diskriminierungsfrei zu formulieren bieten sich vor allem die genderneutralen Formen und die Verwendung des Gendersternchens an. Anders als in den USA gibt es in Deutschland noch kein einheitliches Pronomen für non-binäre Menschen. Hier sollte in jedem Fall der Bitte der betreffenden Person nachgegangen werden.
Es wird nicht nur an Männer, sondern auch an Frauen und non-binäre Personen gedacht. Geschlechtsneutrale Berufsbezeichnungen helfen Geschlechterstereotype zu reduzieren und Diskriminierung zu vermeiden.
Die sprachliche Integration aller Geschlechter in Bewerbungsanzeigen wirkt sich nachweislich auf die Berufswelt aus. Es fördert sowohl die Bewerbung von Frauen und non-binären Personen als auch die Vorstellungskraft von Kindern, sich weniger stereotype Berufe auszumalen.
Den offensichtlichsten Effekt hat die gendergerechte Sprache auf die öffentliche Diskussion. Beinahe täglich gibt es neue Statements aus Politik, Wissenschaft und anderen Bereichen, die die Bevölkerung zum Nachdenken anregen.
Quellen: