Es kann jeden treffen – den/die Chef:in, die studentische Aushilfe oder den langjährigen Angestellten. Entgegen der Annahme, dass vor allem Personen mit AGG-Merkmalen zu Zielscheiben werden, erscheinen die Ursachen sowie die Wahl der Opfer häufig beliebig. Es liegt deshalb besonders in der Verantwortung der Führungsebene sowie der Kolleg:innen diskriminierendes Verhalten weder zu tolerieren noch zu begünstigen.
Mobbing verläuft meist nach einem bestimmten Muster ab. In der ersten Phase tritt ein ungelöster Konflikt auf. Daraus entstehen Abneigungen gegenüber der betroffenen Person, die/der Mobber:in bringt Schuldzuweisungen hervor und es kommt zu ersten persönlichen Angriffen. Mit der Zeit rückt der eigentliche Konflikt in den Hintergrund. Das Opfer wird zur Zielscheibe von systematischer Schikane. Je mehr Mitarbeiter:innen das Mobbing vorantreiben, desto stärker wird das Machtungleichgewicht und die betroffene Person am Arbeitsplatz ausgegrenzt und isoliert.
Darunter leidet auch die Arbeit des Opfers. Häufig verhängen Arbeitgeber:innen, Abmahnungen oder Versetzungen gegenüber betroffenen Personen anstelle von Maßnahmen gegenüber den mobbenden Kolleg:innen. Nach Monaten oder Jahren, in denen der/die Betroffene deshalb als immer problematischer gilt, endet es in vielen Fällen in einer Kündigung des Mobbingopfers.
Mobbing beginnt, sobald es sich um die systematische Anfeindung und Schikane einer Person handelt. Hier gilt es klar zu unterscheiden zwischen einem einmaligen Konflikt am Arbeitsplatz und der fortlaufenden Diskriminierung Einzelner. Es geht um den klaren Unterschied zwischen Zufall und System. Eine Schikane, die sich über mehrere Monate lang fortsetzt, zählt eindeutig als Mobbing. Dabei ist es kein klassisches Geschehen zwischen Täter:in und Opfer, sondern ein Prozess, der den gesamten sozialen Kontext des Arbeitsplatzes mit einbezieht. Es gibt mit der/dem Täter:in heimlich oder offen solidarische Kolleg:innen genauso wie unbeteiligte Zuschauer:innen. Daraus entwickeln sich schnell Mobbinghandlungen und -motive, die zu oft von der Organisationskultur toleriert oder sogar gefördert werden. Dabei können die entstehenden Mobbing-Dynamiken unterschiedliche Formen annehmen.
Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs „Mobbing“. Der/die Mobber:in kann die betroffene Person peinigen, indem sie mit Absicht Informationen zurückhält, Arbeitsergebnisse manipuliert, sinnlose Anweisungen gibt, Gerüchte in die Welt setzt oder sogar zu gewalttätigem und sexuell übergriffigem Verhalten anstiftet.
Mobbing kann verschiedene Formen annehmen. Für viele Betroffene ist es deshalb schwer es als solches zu identifizieren. Das horizontale Mobbing findet unter Kolleg:innen statt. Hierbei spielt anstelle der Hierarchie eher der Konkurrenzgedanke eine Rolle. Es kommt am häufigsten vor und besteht meist aus Hänseleien und Einschüchterungen unter den Arbeitnehmer:innen.
Beim sogenannten „Bossing“ hingegen, kommen die aggressiven Angriffe gegen die betroffene Person von dem/der Vorgesetzten. Hierbei muss klar zwischen einem problematischen Führungsverhalten und systematischem Mobbing unterschieden werden.
Eher selten tritt die Form des „Staffing“ auf. Hierbei handelt es sich um Attacken von Arbeitnehmer:innen gegenüber eines/einer Vorgesetzten. Dies geschieht beispielsweise, wenn Mitarbeiter:innen ihren/ihre Chef:in gezielt loswerden wollen.
„Straining“ ist eine weitere Besonderheit des Mobbings. Die zeitliche Determinante der Definition des Mobbings wird außer Kraft gesetzt. Beim Straining bewirken bereits wenige Handlungen einen weitreichenden und anhaltenden negativen Effekt auf das Arbeitsleben der betroffenen Person. Dies geschieht beispielsweise, wenn dem Opfer das Büro weggenommen oder die berufliche Qualifikation aberkannt wird. Auf diese Weise bewirken einmalige Handlungen ein erzwungenes Stresslevel bei der betroffenen Person, welches dieselben schädlichen Auswirkungen wie langjährige Mobbing-Attacken haben kann.
Auch das in Sozialen Netzwerken stattfindende Cybermobbing tritt immer häufiger als Begleiterscheinung des Mobbings am Arbeitsplatz auf.
Die Gründe für Mobbing am Arbeitsplatz sind nicht immer, aber häufig in der Organisation selbst verankert. Führungsstile, die Kultur oder generelle Machtverteilung einer Organisation haben einen erheblichen Einfluss auf den Umgang mit Neid, Konkurrenz oder persönlichen Faktoren. Es ist empirisch belegt, dass der durch mangelhafte Führung oder Organisation der Arbeit entstehende Stress die sozialen Strukturen einer Arbeitsgemeinschaft immens gefährdet. Eine toxische Arbeitsumgebung stellt deshalb häufig die zentrale Ursache des Mobbings dar.
Eine wichtige Prävention von Diskriminierung jeglicher Art ist die Förderung der menschlichen Sozialität im Unternehmen. Hierbei kann vor allem bei der Unternehmenskultur angesetzt werden. Denn die Kultur prägt den Umgang miteinander, die Art und Weise, wie Probleme aufgenommen und mögliche Abweichungen sanktioniert werden.
Eine wichtige Grundlage dafür ist ein präziser und unternehmensweit bekannter Code of Conduct. lawpilots unterstützt als Marktführer in rechtlich-regulatorischen E-Learnings Unternehmen dabei, ihre eigene Code-of-Conduct Online-Schulung zu entwerfen. Auf diese Weise wird der Verhaltenskodex sowohl den Arbeitnehmer:innen als auch den Arbeitgeber:innen interaktiv vermittelt.
Des Weiteren fördert lawpilots mit einer 15-minütige Schulung zum Thema AGG und Gleichbehandlung die Toleranz und stressfreie Zusammenarbeit im Unternehmen.
Sehen Sie nicht weg. Schon gar nicht als Führungskraft. Wer Diskriminierung ignoriert toleriert sie auch. Kommunizieren Sie mit Ihrem Team und beziehen Sie Ihre Mitarbeiter:innen in wichtige Entscheidungen mit ein.
Sorgen Sie für eine Verinnerlichung der Unternehmenswerte und bieten Sie Ihren Mitarbeiter:innen die Möglichkeit sich im Compliance-Bereich weiterzubilden.
Opfer von Mobbing–Attacken haben einen Anspruch darauf, sich von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt bis zu einem Jahr krankschreiben zu lassen. Die Symptome der betroffenen Person gleichen denen eines tiefen Traumas, wie es beispielsweise nach schweren Unfällen auftritt. Gemobbte Personen klagen oft über Herzrasen, Schlafstörungen, Nervosität, Konzentrationsschwäche sowie Kopf- und Magenschmerzen.
Langfristig können daraus Depressionen, funktionelle Störungen der Organe und anhaltende Persönlichkeitsveränderungen werden. Auch die Suizid- und Suchtgefahr der Opfer steigt drastisch.
Mobbing ist deshalb ein ernst zu nehmender Auslöser für gesundheitliche Beschwerden. Isolation und Ausgrenzung führen von Beginn an zu einer Minderung des Selbstwertgefühls. Der Abfall der Arbeitsleistung und daraus resultierende arbeitsrechtliche Sanktionen verschlimmern die seelische Verfassung der betroffenen Person häufig immens. Zu oft verkennen hier sowohl Vorgesetzte als auch Ärzt:innen den Ursprung des Leistungsabfalls. Wird dem Mobbing monate- oder sogar jahrelang kein Einhalt geboten, kann dies dramatische gesundheitliche Folgen haben. Viele betroffene Personen haben aufgrund des Erlebten mit psychosomatischen Krankheiten oder sogar dauerhafter Arbeitsunfähigkeit zu kämpfen.
Aus einer Befragung von 79.000 Arbeitnehmer:innen ging außerdem hervor, dass die Herz- und Schlaganfallrate bei Mobbingopfern um 59 Prozent höher ist, als bei ihren nicht diskriminierten Kolleg:innen.
Doch selbst wenn die Symptome richtig gedeutet und eine Krankschreibung ausgestellt wird, ist es nicht die wahre Lösung der Probleme. Hierfür müssen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen gemeinsam die Substanz des Konfliktes erkennen und aufarbeiten.
Mobbingopfer sollten, auch wenn die Attacken von der/dem Chef:in ausgehen, das persönliche Gespräch mit ihrer/ihrem Vorgesetzten suchen. Sollte sich dadurch nichts an dem Zustand der Diskriminierung ändern, kann der Betriebsrat eingeschaltet werden. Führt auch dies zu keiner Verbesserung der Situation, hat das Mobbingopfer gegenüber seiner/seinem Arbeitgeber:in und den mobbenden Personen einen Unterlassungsanspruch sowie ein Anrecht auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, das von den Gerichten anerkannt wird.
Der Mobbing-Schnelltest nach Christa Kolodej ist einfach anzuwenden und verfügt über eine hohe Validität. Mit drei Fragen kann eine Person herausfinden, ob es sich um Mobbing-Angriffe handelt.
Wenn alle drei Fragen mit „Ja“ beantwortet wurden, liegt der Verdacht nahe, dass die betroffene Person gemobbt wird. Letzten Endes steht das Opfer vor seinen Arbeitgeber:innen und auch vor Gericht aber in der Beweispflicht. Ein Mobbing–Tagebuch, welches die Häufigkeit und Form der Schikane festhält, kann hierbei hilfreich sein.
Sobald die/der Vorgesetzte informiert ist, ist er/sie dazu verpflichtet, die Vorwürfe zu untersuchen. Jede:r Arbeitgeber:in muss grundsätzlich sämtliche Maßnahmen ergreifen, um ihre/seine Mitarbeiter:innen vor Mobbing-Angriffen zu schützen.
Um den Sachverhalt genau zu ermitteln, kann hierfür eine Befragung der Mitarbeiterschaft durchgeführt werden. Im Anschluss sollte ein Gespräch zwischen allen Beteiligten stattfinden. Hierbei kann es sich um ein klärendes oder mahnendes Gespräch handeln. Je nach Schwere der Tat, können mobbende Personen daraufhin abgemahnt, versetzt oder gekündigt werden. Auch dem Opfer kann eine Versetzung angeboten werden.
Entsprechen die Maßnahmen der/des Arbeitgeber:in nicht der Auffassung des Betriebsrats, so kann auch er die Versetzung oder Entlassung des/der Mobbenden verlangen.
Braungardt, T., et.al (2013). Mobbing. Inflation eines Begriffs vs. Traurige Realität. In Psychotherapeut, Nr. 3, S. 257-268
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Hoffmann, G., P. (2016). Führungsherausforderung Mobbing. Wiesbaden: Springer Verlag
Kolodej, C. (2018). Psychologische Selbsthilfe bei Mobbing. Zuversicht, Vertrauen, Veränderung. Wiesbaden: Springer Verlag