11 min Zuletzt auktualisiert: 28.06.2023

Die Gefahren des Insiderhandels

Insiderhandel

Insiderhandel ist in Deutschland verboten. Der Missbrauch von Insiderinformationen gilt als Straftatbestand. Aber was genau versteht man darunter?

Was ist Insiderhandel?

Insiderhandel ist die unrechtmäßige Offenlegung von geheimen Informationen, die nur einem ausgewählten Personenkreis eines börsennotierten Unternehmens zugänglich sind und im Falle einer Veröffentlichung mit hoher Wahrscheinlichkeit den Aktienkurs des Unternehmens beeinflussen. Dazu zählen:

  • Übernahmeangebote
  • Insolvenzanträge
  • Personalveränderungen im Vorstand
  • technologische Entwicklungen

Insiderhandel ist die bewusste Verwendung einer Insiderinformation für Börsengeschäfte und damit zum eigenen Vorteil.

Es gibt ihn seit der Einführung der Aktienmärkte und wurde besonders stark während des Börsencrashs 1929 betrieben. 1934 wurde unter dem Securities Exchange Act das erste Verbot gegen Insiderhandel eingeführt.

Warum ist Insiderhandel verboten?

Die Weitergabe einer Insiderinformation ist aufgrund seiner ethischen und ökonomischen Risiken verboten. Der Insider nutzt seinen privilegierten Zugang zu Informationen gegenüber den anderen MarktteilnehmerInnen aus, um sich zu bereichern und den anderen Schaden zuzufügen. Es findet somit ein Betrug an den anderen Teilnehmenden statt.

Gleichzeitig beeinträchtigt er damit die Funktionsfähigkeit der Börse. Es besteht die Gefahr einer Marktmanipulation, die zu einer verzerrten Kursbildung und geringeren Markteffizienz führt.

Generell ist es Mitarbeitenden eines Unternehmens zwar erlaubt, Börsengeschäfte abzuwickeln. Sie müssen allerdings nachweisen können, dass der Handel auf öffentlich zugänglichen Informationen beruht.

Ist Insiderhandel strafbar?

Insiderhandel liegt vor, sobald eine Person Insiderinformationen für Börsengeschäfte nutzt, um sich dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen.

Der Handel mit einer Insiderinformation ist laut der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) der Europäischen Union ein Strafbestand.

Laut Art. 4 MMVO ist sowohl die Durchführung als auch die versuchte Durchführung und die Motivierung Dritter zu Insidergeschäften strafbar. Ebenso die generelle unberechtigte Veröffentlichung von Insiderwissen.

Im Fall des Insiderhandels rund um den Modekonzern Gerry Weber stellten die ErmittlerInnen zahlreiche Datenträger als Beweismittel sicher, die die Vorwürfe gegen die Beschuldigten erhärteten. Nach beinahe zwei Jahren Ermittlung müssen die vier Männer nun je nach Schwere des Vergehens Strafen in Höhe von 5000 Euro bis zu zwei Millionen Euro zahlen.

Insiderhandel strafbar

Der Höchstbetrag kommt u. a. zustande, weil auch die erzielten Gewinne, die durch den Insiderhandel entstanden waren, abgeführt werden müssen.

Auch das Ermittlungsverfahren gegen die Deutsche Börse und ihren ehemaligen Chef wurde 2019 gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Insgesamt muss der frühere Top-Manager Carsten Kengeler 4,75 Millionen Euro Strafe zahlen.

Wann ist Insiderhandel erlaubt?

Die Offenlegung von Insiderinformationen ist erlaubt, wenn es im Zuge der normalen Ausübung der beruflichen Aufgabe geschieht und sie einem rechtlich zulässigen Zweck entspricht. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung kann feststellen, ob die Offenlegung rechtmäßig ist. Dabei muss sich ergeben, dass die Offenlegung gegenüber dem Interesse des Marktes, den Handel mit Insiderinformationen einzudämmen, überwiegt.

Auch gesetzliche Verpflichtungen oder die Informationspflicht gegenüber Behörden kann in bestimmten Fällen zur Offenlegung von Insiderinformationen führen. Wie beispielsweise die Pflicht zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen nach Art. 17 MMVO der Europäischen Union oder die Offenlegung gegenüber Behörden nach Art. 10 Abs. 1 Hs. 2 MMVO.

Wer gilt als Insider?

Als Insider gelten generell alle Personen, die über kursrelevante, nicht öffentlich bekannte Informationen verfügen.

Man unterscheidet dabei zwischen Primär- und Sekundärinsidern. Als Primärinsider gelten z. B. Angestellte, Vorstandsmitglieder, InvestorInnen oder andere am Unternehmen beteiligte Personen.

Sekundärinsider hingegen nennt man alle Personen, die Informationen von Primärinsidern erhalten, aber nicht direkt am Unternehmen beteiligt sind. Dies können FreundInnen oder Familienmitglieder sein, aber auch AnwältInnen, SteuerberaterInnen und andere DienstleisterInnen.

Für Führungskräfte gelten deshalb besondere Regeln. Sobald diese Aktien ihrer Aktiengesellschaft an- oder verkaufen, müssen sie den Vorgang melden. Zudem dürfen sie keinen Aktienhandel während der sogenannten Closed Period betreiben. Dieser Zeitraum umfasst die 30 Kalendertage vor Ankündigung von vorgeschriebenen Zwischen- oder Jahresabschlussberichten.

Wie funktioniert Insiderhandel?

Zu Beginn des Jahres 2019 begingen vier Männer Insiderhandel mit Aktien des Modekonzerns Gerry Weber. Kurz bevor das Unternehmen einen Insolvenzantrag einreichte, verkauften zwei der vier Beteiligten ihre Anteile, während die anderen sog. Put-Optionsscheine (Wetten auf fallende Werte) erwarben und gewinnbringend verkauften. Nach der Veröffentlichung des Insolvenzantrages sank der Kurs des Unternehmens und wurde später vom Handel ausgesetzt. Gegen die Beschuldigten bestand deshalb der Verdacht, die Insiderinformation über das drohende Scheitern von Finanzierungsverhandlungen und dem anstehenden Insolvenzvertrag unbefugt verwendet und weitergegeben zu haben.

Weitere Beispiele:

2015 machte sich der damalige Chef der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, des Insiderhandels schuldig. Er hatte zwei Monate vor der Fusion der Deutschen Börse mit der Londoner Börse ein eigenes Aktienpaket der Deutschen Börse im Wert von 60.000 Euro erworben.

Auch im Zuge der Wirecard-Affäre ermittelt das BaFin seit Sommer 2020 gegen den Ex-Chef Markus Braun. Einen Tag bevor Wirecard am 25. Juni 2020 seinen Insolvenzantrag einreichte, hatte er einen Aktienverkauf im Umfang von 6,6 Millionen Euro getätigt.

Insiderhandel Gesetzgebung

Die Wertpapieraufsicht (BaFin) überwacht routinemäßig das Handelsgeschehen. Des Weiteren überprüft die BaFin alle Ad-hoc-Mitteilungen von börsennotierten Unternehmen und geht Hinweisen Dritter nach. Daraus können sich Untersuchungen und Strafanzeigen entwickeln.

Laut § 119 des Wertpapierhandelsgesetzes kann Insiderhandel in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldbußen belegt werden. Wird er gewerbsmäßig in einer Bande oder während einer Tätigkeit bei der Finanzaufsichtsbehörde, der Börse oder einem Broker verübt, sind sogar bis zu 10 Jahre Haft möglich.

Des Weiteren ist nach § 38 des Wertpapierhandelsgesetzes jegliche Nutzung von Insiderinformationen für den Aktienhandel untersagt. Dies betrifft nicht nur den direkten Handel, sondern auch die Weitergabe von geheimen Insiderinformationen, die zum Handel genutzt werden können.

Seit Juli 2016 gilt in Europa zudem die Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), die die Offenlegung oder Nutzung brisanter Insiderinformationen verbietet.

Insiderhandel StGB

Im Strafgesetzbuch wird der Insiderhandel eher indirekt behandelt. § 264a StGB befasst sich mit unrichtigen vorteilhaften Angaben im Rahmen von Kapitalanlagen, § 263 mit Betrug im Allgemeinen. Beides kann deshalb in Ermittlungen eine Rolle spielen.

E-Learning für die Prävention von Insiderhandel im Unternehmen

Haben Ihre Mitarbeitenden Zugang zu börsenkursrelevanten Informationen? Dann sollten Sie diese nachhaltig zum Thema Insiderhandel sensibilisieren. Ansonsten drohen hohe Bußgelder und lange Haftstrafen.


Quellen:

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