14 min Zuletzt auktualisiert: 05.10.2023

Arbeitsstättenverordnung: Ein umfassender Leitfaden für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

In der heutigen Arbeitswelt, die sich kontinuierlich weiterentwickelt, steht die Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen an erster Stelle. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) wurde im Jahr 2004 verabschiedet und wurde seitdem bereits mehrfach aktualisiert, zuletzt im Oktober 2017. Ihr Hauptziel ist es, die Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen sowohl bei der Einrichtung als auch beim Betrieb von Arbeitsstätten und Baustellen zu gewährleisten. Die Verordnung legt die Mindestanforderungen fest, die ArbeitgeberInnen bei der Ausgestaltung von Arbeitsstätten beachten müssen.

Was umfasst die Arbeitsstättenverordnung?

Die Arbeitsstättenverordnung geht weit über den typischen Schreibtisch oder die Werkbank hinaus. Sie umfasst das gesamte Spektrum eines Betriebsgeländes oder einer Baustelle. Das heißt, nicht nur Ihr direkter Arbeitsbereich wird berücksichtigt, sondern auch: 

  • Alle Arbeitsbereiche  von Büros bis zu Werkstätten ;
  • Bereitschafts-, Kantinen- und Pausenräume;
  • Unterkunftsräume;
  • Lager- und Maschinenräume;
  • Erste-Hilfe-Räume;
  • Notausgänge; und
  • Flucht- und Verkehrswege.

Aber das ist noch nicht alles. Die Verordnung bezieht ebenso kritische Betriebsinfrastrukturen mit ein – angefangen bei Feuerlöscheinrichtungen über wichtige Zugänge wie Tore und Türen bis hin zu Beleuchtung, Energiezentralen und sogar Open-Air-Verkaufsständen. Die Arbeitsstättenverordnung sorgt dafür, dass jeder Winkel Ihres Arbeitsplatzes sicher und funktionsfähig ist. 

Geschichte und rechtliche Entwicklung der ArbStättV

Die Geschichte der Arbeitsstättenverordnung in Deutschland erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte. Ursprünglich wurde sie im Jahr 1975 als umfangreiche Regelung mit nicht weniger als 58 Paragrafen eingeführt. Ihr vorrangiges Ziel bestand darin, die Sicherheit und das Wohlbefinden der ArbeitnehmerInnen am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Über beinahe drei Jahrzehnte hinweg bildete diese weitreichende Verordnung das Herzstück des Arbeitsplatzschutzes. Im Jahr 2004 erfolgte im Rahmen der Deregulierung eine Vereinfachung der Verordnung, bei der sie auf lediglich acht Paragrafen reduziert wurde. In den folgenden fünf Überarbeitungen bis zum Jahr 2010 wurde die Verordnung weiter angepasst und steht heute als zeitgemäße und aktuelle Arbeitsstättenverordnung da. Obwohl sich ihre Struktur verändert hat, bleibt ihre Kernmission unverändert: die Schaffung einer sicheren und gesunden Arbeitsumgebung für alle.

Was sind die Ziele der Arbeitsstättenverordnung?

Die Arbeitsstättenverordnung dient als solider Pfeiler zum Schutz von Mitarbeitenden und trägt entscheidend zur Minimierung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen bei. Viele Vorfälle, die wir im Arbeitsalltag beobachten, sind auf unzureichende Ausstattung und mangelhafte Instandhaltung und Wartung der Arbeitsumgebung zurückzuführen. Sei es ein Sturz aufgrund beschädigter Bodenbeläge oder Zusammenstöße in beengten Verkehrsflächen – die Arbeitsstättenverordnung nimmt sich diesen Themen an. Sie wappnet uns auch gegen Gefahren, wie das Zerbersten von Glas oder schädlichen Lärm. Im Kern dieser Bemühungen liegt der Wunsch, jedem von uns eine würdige und gesunde Arbeitsumgebung zu bieten. Hierbei zählen nicht nur makellose Luft und ausreichend Licht, sondern auch erstklassige Einrichtungen für die wohlverdienten Pausen. Die Arbeitsstättenverordnung bleibt zudem am Puls der Zeit, sie adaptiert und erweitert ihre Richtlinien, um den sich wandelnden Anforderungen einer digitalisierten und psychologisch komplexen Arbeitswelt gerecht zu werden. Sie deckt alles ab, von der Sicherheit an Online-Arbeitsplätzen bis hin zu Strategien zur Bewältigung von mentalen und emotionalen Belastungen. Somit stellt die Verordnung sicher, dass unser Arbeitsalltag nicht nur sicher, sondern auch gesundheitsfördernd ist.

Welche Anforderungen stellt die Arbeitsstättenverordnung an die Arbeitsplatzgestaltung?

Mit neun zentralen Paragrafen und einem detailreichen Anhang, der in sechs Abschnitte untergliedert ist, bietet die Verordnung klare Leitlinien. Statt in der Tiefe technischer Details zu verweilen, setzt sie auf übergeordnete Schutzziele, wodurch ArbeitgeberInnen mehr Freiheit in ihren Entscheidungen gegeben wird. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Anforderungen, die die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. Die Arbeitsstättenverordnung beinhaltet eine Reihe von Schlüsselbestimmungen, die für alle ArbeitgeberInnen und Unternehmen von Bedeutung sind, dazu zählen:

Allgemeine Grundlagen

Der erste Abschnitt befasst sich mit den allgemeinen Grundlagen wie dem Nichtraucherschutz und den Mindeststandards für Arbeitsräume, Sanitäranlagen und Pausenbereiche, um eine gesunde und sichere Arbeitsumgebung zu gewährleisten.

Arbeitsstätteneinrichtung

Die Verordnung stellt auch spezifische Anforderungen an die Einrichtung der Arbeitsstätte. Hier kommen Aspekte wie Raumgröße, Fußböden und Dächer ins Spiel, um sicherzustellen, dass die Arbeitsplätze sowohl komfortabel als auch sicher sind.

Sicherheitsfokus

Sicherheit ist ein zentraler Punkt der Verordnung. Sie enthält spezifische Anweisungen für Flucht- und Rettungswege und Maßnahmen zum Schutz vor Risiken wie Abstürzen und Bränden, um im Notfall die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten.

Optimale Arbeitsbedingungen

Die Verordnung legt Wert auf optimale Arbeitsbedingungen und behandelt Themen wie Bewegungsfreiheit, Arbeitsplatzgestaltung, Raumtemperatur, Beleuchtung und Lärmpegel, die alle einen wesentlichen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Leistung der Mitarbeitenden haben.

Spezialräume

Es gibt auch klare Richtlinien für Spezialräume wie Sanitär- und Pausenräume, damit die Mitarbeitenden Zugang zu angemessenen Einrichtungen für Ruhe und Erholung haben.

Besondere Arbeitsstätten

Für besondere Arbeitsumgebungen, z. B. im Freien oder auf Baustellen, gibt es spezifische Regeln, um die Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen auch in diesen speziellen Arbeitsumgebungen sicherzustellen.

Blick in die Zukunft: Der letzte Teil der Verordnung ist den modernen Anforderungen an Arbeitsplätze, insbesondere an Bildschirmarbeitsplätze, gewidmet und wurde zuletzt 2016 aktualisiert, um mit den Entwicklungen in der Arbeitswelt Schritt zu halten.

Insgesamt sind die Sicherheits- und Gesundheitsstandards in der Arbeitsstättenverordnung von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass Arbeitsplätze den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und die Arbeitnehmer in einer sicheren und gesunden Umgebung arbeiten können. Die genauen Maße und Anforderungen können je nach Situation variieren, aber die Einhaltung dieser Standards ist von größter Wichtigkeit.

Wen schützt die Arbeitsstättenverordnung?

Die Arbeitsstättenverordnung schützt ArbeitnehmerInnen, Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen, Beamte, RichterInnen, SoldatInnen und Mitarbeitende in Behindertenwerkstätten. Alle diese Gruppen werden als „Beschäftigte“ bezeichnet, da sie alle im Rahmen einer rechtlichen Beziehung mit einem Arbeitgeber stehen und Arbeitsleistungen erbringen. Der Schutz der Verordnung erstreckt sich jedoch nicht auf Dritte wie BesucherInnen, LieferantInnen oder Familienmitglieder, die sich in der Arbeitsstätte aufhalten. Obwohl ArbeitgeberInnen auch für die Sicherheit dieser Personen Sorge tragen müssen und Maßnahmen zur Minimierung oder Beseitigung der von der Arbeitsstätte ausgehenden Risiken ergreifen sollten, werden diese Maßnahmen nicht durch die Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung geregelt.

Für wen gilt die Arbeitsstättenverordnung?

Die Arbeitsstättenverordnung ist für alle ArbeitgeberInnen bindend, unabhängig davon, ob es sich um private oder öffentliche Einrichtungen handelt. Sie erstreckt sich auf eine Vielzahl von Einrichtungen, einschließlich Verwaltungsstellen, Gerichten und Betrieben, die unter die Aufsicht von Ländern, Gemeinden und Anstalten des öffentlichen Rechts fallen. Auch kirchliche und gemeinnützige Organisationen müssen sich an die Bestimmungen der Verordnung halten. Es gibt jedoch Ausnahmen. Personen, die in privaten Haushalten beschäftigt sind, und Betriebe, die unter das Bundesberggesetz fallen und somit spezifischen Schutzbestimmungen unterliegen, sind von der Arbeitsstättenverordnung ausgenommen. Die Definition des Begriffs ArbeitgeberIn im Kontext dieser Verordnung ist weit gefasst. Sie schließt natürliche Personen, wie Kaufleute und ÄrztInnen, juristische Personen, wie Kapitalgesellschaften und Vereine, sowie rechtsfähige Personengesellschaften und Behörden ein, vorausgesetzt, sie beschäftigen Personal. Die Arbeitsstättenverordnung ist nicht nur auf in Deutschland ansässige Unternehmen beschränkt. Auch ausländische Unternehmen, die Mitarbeitende in Deutschland beschäftigen, müssen sich an die Bestimmungen halten. Dabei ist es unerheblich, ob das Arbeitsverhältnis nach deutschem oder ausländischem Recht geregelt ist.

Wie passt sich die Verordnung branchenspezifischen Bedürfnissen an?

Die Arbeitsstättenverordnung hat spezielle Regeln für verschiedene Branchen und Arbeitsumgebungen, um den variierenden Anforderungen gerecht zu werden. Betrachten wir beispielsweise den Paragrafen 5 und Anhang 1.3: Hier werden spezifische Regelungen für Arbeitsumgebungen wie das Reisegewerbe, Marktverkehr, öffentliche Transportmittel und land- oder forstwirtschaftliche Gebiete festgelegt. Es geht darum, sowohl die Besonderheiten mobiler als auch temporärer Arbeitsstätten zu berücksichtigen, ohne die grundlegenden Sicherheitsstandards zu vernachlässigen. Auch für Gemeinschaftsunterkünfte, die außerhalb betrieblicher Gelände oder Baustellen liegen, gibt es spezifische Regelungen in § 3, § 3a und Anhang 4.4, wobei hier das Hauptaugenmerk auf dem Schutz der dort ansässigen ArbeitnehmerInnen liegt. In der Welt der Telearbeit, die sich über verschiedene Branchen erstreckt, von der Informationstechnologie bis zu den Medien, sind die Vorschriften ebenfalls besonders angepasst. § 3, § 6 und Anhang 6 der Verordnung sind auf Flexibilität ausgerichtet, um die diversen und dynamischen Arbeitsbedingungen von Telearbeitsplätzen zu berücksichtigen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es Ausnahmen gibt, bei denen Anhang 6 nicht anwendbar ist. Dies betrifft insbesondere spezialisierte Arbeitsumgebungen wie die Bedienstände von Maschinen oder die Fahrerplätze von Fahrzeugen mit Bildschirmgeräten. Solche Ausnahmen sind oft in Branchen wie der Fertigung, dem Transport und technischen Berufen zu finden.

Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen die Verordnung?

Wenn man gegen die Arbeitsstättenverordnung verstößt, sollte man sich auf ernste Konsequenzen einstellen. Es geht hier nicht nur um Vorschriften, sondern um die Sicherheit und Gesundheit von ArbeitnehmerInnen. Kleinere Regelverstöße, wie das Versäumnis einer korrekten Gefährdungsbeurteilung oder unsachgemäße Bereitstellung von Pausenräumen, werden als Ordnungswidrigkeiten betrachtet. Das bedeutet: Verstöße, die z. B. Toilettenräume, Pausenräume oder Unterkünfte betreffen, können geahndet werden. Auch blockierte Fluchtwege oder fehlende Erste-Hilfe-Ausrüstung sind nicht zu vernachlässigen.

Ernster wird es, wenn man absichtlich Mitarbeitende gefährdet. Hier spricht man von Straftaten, bei denen das Leben oder die Gesundheit bewusst aufs Spiel gesetzt werden. Und da wird es wirklich kostspielig: Bußgelder können bis zu 30.000 EUR betragen. In extremen Fällen kann das sogar zu Freiheitsstrafen führen. Kurz gesagt: Die Einhaltung der Arbeitsstättenverordnung ist nicht nur eine Frage der Vorschrift, sondern eine Verpflichtung zum Schutz der Mitarbeitenden. Es lohnt sich also, sich mit den Details vertraut zu machen und sicherzustellen, dass man alle Vorgaben erfüllt.

Tipps zur Einhaltung der Arbeitsstättenverordnung im Unternehmen?

Die Implementierung und Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen erfordert ein methodisches und gut organisiertes Vorgehen. 

Ein Blick ins Innere: Interne Überprüfungen

Jeder Arbeitsbereich sollte sowohl in seinen Grundstrukturen als auch in den feinen Details sicher und gesundheitlich unbedenklich sein. Dies beinhaltet Aspekte wie geeignete Beleuchtung, richtige Lüftung und eine angemessene Akustik. Es ist auch wichtig sicherzustellen, dass Fluchtwege nicht nur gut sichtbar sind, sondern auch immer frei von Hindernissen. Darüber hinaus sollten alle Einrichtungen, einschließlich sanitärer Einrichtungen, den vorgeschriebenen Standards entsprechen.

Ein externer Blick: Audits von außen

Die Einsicht von unabhängigen, externen PrüferInnen kann unschätzbar wertvoll sein. Diese ExpertInnen inspizieren nicht nur die physischen Arbeitsplätze, sondern überprüfen auch die von der Firma gepflegten Dokumentationen. Technologische Fortschritte, wie moderne Sensoren, die Parameter wie Luftqualität oder Lärmpegel messen, sind hierbei besonders wertvoll und können helfen, die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen.

Warum Arbeitsschutzschulungen unverzichtbar sind

Der kontinuierliche Bildungsprozess der Mitarbeitenden im Bereich des Arbeitsschutzes stellt eine zentrale Säule für ein sicheres Arbeitsumfeld dar. Diese Bildungsmaßnahmen bereiten die Belegschaft darauf vor, potenzielle Gefahren proaktiv zu erkennen und geeignete Schritte zur Minderung dieser Risiken zu ergreifen. Neben den physischen Gefahren wird auch das Bewusstsein für Gesundheitsaspekte und ergonomische Arbeitsbedingungen geschärft. Da sich die Arbeitsschutzvorschriften kontinuierlich weiterentwickeln, sind regelmäßige Schulungen essenziell, um die Mitarbeitenden stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Ein gut geschultes Team agiert verantwortungsvoller und vorsichtiger, was nicht nur zur Sicherheit am Arbeitsplatz beiträgt, sondern auch Produktionsverluste und zusätzliche Kosten reduziert.

Fazit

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) spielt eine entscheidende Rolle in der Sicherung und Förderung der Sicherheit und Gesundheit von ArbeitnehmerInnen in Deutschland. Durch ihre detaillierten Anforderungen gewährleistet sie, dass Arbeitsumgebungen, unabhängig von Branche oder Standort, den Mindeststandards für Sicherheit und Gesundheit entsprechen. Dabei legt die Verordnung nicht nur Wert auf physische Aspekte des Arbeitsplatzes, sondern berücksichtigt auch ergonomische und gesundheitsfördernde Faktoren. Mit ihrer Geschichte, die sich über Jahrzehnte erstreckt, zeigt die ArbStättV ihre Anpassungsfähigkeit an die sich verändernden Anforderungen der Arbeitswelt und bleibt dabei ihrem Kernziel treu: Eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung für alle zu schaffen. Für Unternehmen ist es von größter Wichtigkeit, diese Richtlinien nicht nur zu kennen, sondern auch aktiv umzusetzen und ihre Belegschaft regelmäßig zu schulen. Dadurch können potenzielle Risiken minimiert, die Mitarbeiterzufriedenheit gesteigert und letztlich auch wirtschaftliche Verluste verhindert werden. Es liegt in der Verantwortung jedes Arbeitgebers, die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung konsequent zu befolgen und damit einen Beitrag zum Wohl aller ArbeitnehmerInnen zu leisten.

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